Nach der Fluggastrechteverordnung hat ein Luftfahrunternehmen den Fluggästen im Fall einer großen Verspätung oder gar der Annullierung eines Fluges Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anzubieten. Dabei stellen alkoholische Getränke keine solchen “Erfrischungen” dar (AG Hannover, Urteil vom 13.04.2023 – 513 C 8538/22).
Alkohol ist keine Erfrischung weiterlesenReichsbürgertypisches Verhalten
Reichsbürgertypisches Verhalten ist die Leugnung der rechtlichen Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Durch das Leugnen der rechtlichen Existenz der Bundesrepublik im Sinne der sogenannten Reichsbürgerideologie verstößt ein Beamter schuldhaft gegen seine Verfassungstreuepflicht gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG (OVG Lüneburg, Urteil vom 14.03.2023).
Reichsbürgertypisches Verhalten weiterlesenBGH: straffreies Vorleben vs. Gesinnung
Ein Widerspruch zwischen einer Wertung, der Angeklagte weise eine „komplexe Disposition zum Normbruch auf” und seinem bisher straffreien Vorleben, muss das Landgericht aufklären. Ansonsten kann eine rechtsradikale Gesinnung bei einem Betäubungsmittelverstoß nicht strafschärfend berücksichtigt werden (BGH Beschluss 7. Februar 2023 – 6 StR 9/23).
BGH: straffreies Vorleben vs. Gesinnung weiterlesenDrohung frei erfunden
Die Strafe für einen ehemaligen Lokalpolitiker der Grünen aus dem nordrhein-westfälischen Erkelenz Manoj Subramaniam wegen Vortäuschens von Straftaten ist rechtskräftig. Der einstige Stadtrat der Grünen hatte im vergangenen Jahr mehrfach Drohungen von NeoNazis gegen sich offensichtlich erfunden und auch noch selbst inszeniert. Ein typischer Trittbrettfahrer?!
Drohung frei erfunden weiterlesenBeweisnot: Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
Eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB liegt dann nicht vor, wenn eine Audioaufnahme von einer in Beweisnot befindlichen Partei gemacht wurde, um sie der Polizei zu übergeben. In diesem Fall ist die Audioaufnahme nicht unbefugt im Sinne der Vorschrift gefertigt worden. (Beschluss vom 04.01.2023 – 16 Qs 98/22 -).
Beweisnot: Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes weiterlesenFessel löste Polizeieinsatz aus
Ein Mann im Alter von Mitte 30 aus Penkun meldete sich am Morgen des 16.02.2023 beim Polizeinotruf in Neubrandenburg, dass er eine Handfessel um sein Handgelenk anlegt habe und diese nun nicht mehr geöffnet bekäme. Was war geschehen?
Fessel löste Polizeieinsatz aus weiterlesenBGH: Fahren ohne Zulassung ist keine Steuerhinterziehung
Eine bloß aus einer Verordnung stammende Pflicht reicht nicht aus, um der Blankettstrafnorm des § 370 AO als Grundlage zu dienen. Art. 103 Abs. 2 GG verlange, dass die Strafbarkeit eines Verhaltens vorhersehbar sein müsse. Verordnungen dürfen Umstände allenfalls konkretisieren (BGH, Beschluss vom 15.12.2022 – 1 StR 295/22).
BGH: Fahren ohne Zulassung ist keine Steuerhinterziehung weiterlesenParkhausbetreiber haftet nicht für Sex auf Motorhaube
Parkhausbetreiber haftet nicht dafür, wenn unbekannte Personen auf einem abgeparkten Kraftfahrzeug sexuelle Handlungen durchführen (Landgericht Köln Urt. v. 09.01.2023, Az. 21 O 302/22).
Parkhausbetreiber haftet nicht für Sex auf Motorhaube weiterlesenPolizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern teilweise verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das 2020 reformierte Polizeigesetz in Mecklenburg-Vorpommern (SOG MV) teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Mehrere Regelungen zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen der Polizei genügten nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Die beanstandeten Regelungen gelten überwiegend nach einschränkenden Maßgaben fort, müssen vom Gesetzgeber aber bis Ende des Jahres nachgebessert werden (Beschluss vom 09. Dezember 2022
1 BvR 1345/21).
Es muss (wie immer) nachgebessert werden. Anscheinend versucht man es einfach, um dann auszubessern. Dabei wird dann erklärt, dass der Rechtsstaat funktioniere.
Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern teilweise verfassungswidrig weiterlesenBGH: Ohne Besitzwillen kein Besitz
Wer selbst keinen Willen hat, Drogen zu besitzen, macht sich selbst dann nicht des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln strafbar, wenn die Betäubungsmittel in der eigenen Wohnung lagern. Auch eine Beihilfe kann ausgeschlossen werden.
BGH Urteil vom 8. Dezember 2022 – 5 StR 351/22
BGH: Ohne Besitzwillen kein Besitz weiterlesenBGH: Beweiswürdigung fehlerhaft (Bunte Blüte)
Mit den Einlassungen der Angeklagten muss sich das Gericht in den Urteilsgründen auseinandersetzen. Eine bloße Wiedergabe derer genügt nicht.
Auch bei einem Freispruch müssen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten getroffen werden, um den Vorsatz im Hinblick auf das vorgeworfenen Geschehen auszuschließen.
Bundesgerichtshof Urteil vom 16. Januar 2023 – 5 StR 269/22
BGH: Beweiswürdigung fehlerhaft (Bunte Blüte) weiterlesenAnspruch auf kostenlose Kopien aller Klausuren des 2. Staatsexamens
Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung haben einen datenschutzrechtlichen Anspruch darauf, dass das das Landesjustizprüfungsamt ihnen eine Kopie der von ihnen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt den zugehörigen Prüfergutachten unentgeltlich zur Verfügung stellt (BVerwG, Urteil vom 30.11.2022 – 6 C 10.21).
Anspruch auf kostenlose Kopien aller Klausuren des 2. Staatsexamens weiterlesenTransparenzerklärung = Verständigung ohne Belehrung
Sobald ein Strafgericht einen Vorschlag zur Beendigung eines Prozesses macht, wonach der Angeklagte bei einem bestimmten prozessualen Verhalten (meist Geständnis) eine Strafe im gegebenen Rahmen erwarten dürfe, liegt ein Verständigungsvorschlag vor.
Es ist egal, ob das Gericht der Verständigung oder den Gesprächen hierzu einen anderen Namen gibt und ob der Angeklagte dieser Mitteilung über Strafrahmen ausdrücklich zugestimmt hat.
BGH, Beschluss vom 23.09.2021 – 1 StR 43/21
Transparenzerklärung = Verständigung ohne Belehrung weiterlesenFristlose Entpflichtung eines Soldaten rechtens
Die Dienstpflicht eines Soldaten umfasst nicht nur die Pflicht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzuerkennen, sondern auch für ihren Erhalt einzutreten.
Die über einen längeren Zeitraum aufrechterhaltene Mitgliedschaft in einer Chatgruppe, in welcher die Verbrechen der NS-Diktatur verharmlost, gebilligt und verherrlicht sowie in hohem Maße rassistische und diskriminierende Inhalte geteilt werden, ist mit dieser Verpflichtung unvereinbar.
Der Umstand, dass der Kläger die Gruppe weder verlassen noch in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er die Inhalte missbilligte, rechtfertigt den Schluss, dass er nicht in hinreichendem Maße für die demokratische Grundordnung eintritt.
Es ist auch nicht entscheidend, dass es sich um eine nicht-öffentliche Gruppe gehandelt hat. Es genügt bereits die hier bestehende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Dienstpflichtverletzung öffentlich bekannt werden kann und das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährdet.
Verwaltungsgericht Hannover Urteil vom 9. November 2022 2 A 3031/21
Fristlose Entpflichtung eines Soldaten rechtens weiterlesenBGH: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar
Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine Privilegierung des § 277 StGB a.F. entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine “Sperrwirkung” gegenüber der Urkundenfälschung § 267 StGB, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen nicht (vollständig) erfüllt ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2022 – 5 StR 283/22).
BGH: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar weiterlesen