Eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB liegt dann nicht vor, wenn eine Audioaufnahme von einer in Beweisnot befindlichen Partei gemacht wurde, um sie der Polizei zu übergeben. In diesem Fall ist die Audioaufnahme nicht unbefugt im Sinne der Vorschrift gefertigt worden. (Beschluss vom 04.01.2023 – 16 Qs 98/22 -).
Beweisnot: Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes weiterlesenFessel löste Polizeieinsatz aus
Ein Mann im Alter von Mitte 30 aus Penkun meldete sich am Morgen des 16.02.2023 beim Polizeinotruf in Neubrandenburg, dass er eine Handfessel um sein Handgelenk anlegt habe und diese nun nicht mehr geöffnet bekäme. Was war geschehen?
Fessel löste Polizeieinsatz aus weiterlesenBGH: Fahren ohne Zulassung ist keine Steuerhinterziehung
Eine bloß aus einer Verordnung stammende Pflicht reicht nicht aus, um der Blankettstrafnorm des § 370 AO als Grundlage zu dienen. Art. 103 Abs. 2 GG verlange, dass die Strafbarkeit eines Verhaltens vorhersehbar sein müsse. Verordnungen dürfen Umstände allenfalls konkretisieren (BGH, Beschluss vom 15.12.2022 – 1 StR 295/22).
BGH: Fahren ohne Zulassung ist keine Steuerhinterziehung weiterlesenParkhausbetreiber haftet nicht für Sex auf Motorhaube
Parkhausbetreiber haftet nicht dafür, wenn unbekannte Personen auf einem abgeparkten Kraftfahrzeug sexuelle Handlungen durchführen (Landgericht Köln Urt. v. 09.01.2023, Az. 21 O 302/22).
Parkhausbetreiber haftet nicht für Sex auf Motorhaube weiterlesenPolizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern teilweise verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das 2020 reformierte Polizeigesetz in Mecklenburg-Vorpommern (SOG MV) teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Mehrere Regelungen zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen der Polizei genügten nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Die beanstandeten Regelungen gelten überwiegend nach einschränkenden Maßgaben fort, müssen vom Gesetzgeber aber bis Ende des Jahres nachgebessert werden (Beschluss vom 09. Dezember 2022
1 BvR 1345/21).
Es muss (wie immer) nachgebessert werden. Anscheinend versucht man es einfach, um dann auszubessern. Dabei wird dann erklärt, dass der Rechtsstaat funktioniere.
Polizeigesetz Mecklenburg-Vorpommern teilweise verfassungswidrig weiterlesenBGH: Ohne Besitzwillen kein Besitz
Wer selbst keinen Willen hat, Drogen zu besitzen, macht sich selbst dann nicht des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln strafbar, wenn die Betäubungsmittel in der eigenen Wohnung lagern. Auch eine Beihilfe kann ausgeschlossen werden.
BGH Urteil vom 8. Dezember 2022 – 5 StR 351/22
BGH: Ohne Besitzwillen kein Besitz weiterlesenBGH: Beweiswürdigung fehlerhaft (Bunte Blüte)
Mit den Einlassungen der Angeklagten muss sich das Gericht in den Urteilsgründen auseinandersetzen. Eine bloße Wiedergabe derer genügt nicht.
Auch bei einem Freispruch müssen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten getroffen werden, um den Vorsatz im Hinblick auf das vorgeworfenen Geschehen auszuschließen.
Bundesgerichtshof Urteil vom 16. Januar 2023 – 5 StR 269/22
BGH: Beweiswürdigung fehlerhaft (Bunte Blüte) weiterlesenAnspruch auf kostenlose Kopien aller Klausuren des 2. Staatsexamens
Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung haben einen datenschutzrechtlichen Anspruch darauf, dass das das Landesjustizprüfungsamt ihnen eine Kopie der von ihnen angefertigten Aufsichtsarbeiten mitsamt den zugehörigen Prüfergutachten unentgeltlich zur Verfügung stellt (BVerwG, Urteil vom 30.11.2022 – 6 C 10.21).
Anspruch auf kostenlose Kopien aller Klausuren des 2. Staatsexamens weiterlesenTransparenzerklärung = Verständigung ohne Belehrung
Sobald ein Strafgericht einen Vorschlag zur Beendigung eines Prozesses macht, wonach der Angeklagte bei einem bestimmten prozessualen Verhalten (meist Geständnis) eine Strafe im gegebenen Rahmen erwarten dürfe, liegt ein Verständigungsvorschlag vor.
Es ist egal, ob das Gericht der Verständigung oder den Gesprächen hierzu einen anderen Namen gibt und ob der Angeklagte dieser Mitteilung über Strafrahmen ausdrücklich zugestimmt hat.
BGH, Beschluss vom 23.09.2021 – 1 StR 43/21
Transparenzerklärung = Verständigung ohne Belehrung weiterlesenFristlose Entpflichtung eines Soldaten rechtens
Die Dienstpflicht eines Soldaten umfasst nicht nur die Pflicht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzuerkennen, sondern auch für ihren Erhalt einzutreten.
Die über einen längeren Zeitraum aufrechterhaltene Mitgliedschaft in einer Chatgruppe, in welcher die Verbrechen der NS-Diktatur verharmlost, gebilligt und verherrlicht sowie in hohem Maße rassistische und diskriminierende Inhalte geteilt werden, ist mit dieser Verpflichtung unvereinbar.
Der Umstand, dass der Kläger die Gruppe weder verlassen noch in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er die Inhalte missbilligte, rechtfertigt den Schluss, dass er nicht in hinreichendem Maße für die demokratische Grundordnung eintritt.
Es ist auch nicht entscheidend, dass es sich um eine nicht-öffentliche Gruppe gehandelt hat. Es genügt bereits die hier bestehende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Dienstpflichtverletzung öffentlich bekannt werden kann und das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährdet.
Verwaltungsgericht Hannover Urteil vom 9. November 2022 2 A 3031/21
Fristlose Entpflichtung eines Soldaten rechtens weiterlesenBGH: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar
Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine Privilegierung des § 277 StGB a.F. entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine “Sperrwirkung” gegenüber der Urkundenfälschung § 267 StGB, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen nicht (vollständig) erfüllt ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2022 – 5 StR 283/22).
BGH: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar weiterlesenBGH: Wiedereinsetzung – Kenntnis des Angeklagten entscheidet
Es fehlt an der Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages, wenn die Antragsbegründung nicht mitteilt, wann das Hindernis beim Angeklagten weggefallen ist. Auf dessen Kenntnisnahme und nicht auf die beim Verteidiger kommt es an (Beschluss BGH 12. Oktober 2022 – 4 StR 319/22).
BGH: Wiedereinsetzung – Kenntnis des Angeklagten entscheidet weiterlesenBis zu 30 Tage Gewahrsam
Mehrere Klimaprotestler müssen nach zwei Festklebeaktionen auf einem zentralen Verkehrsknotenpunkt in München für 30 Tage in Polizeigewahrsam bleiben. “Das ist sehr, sehr selten, dass das angewendet wird, das ist wirklich ein großer Ausnahmefall”, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Geht das? Das ist doch eine Präventivhaft oder? Was gehört hier noch zur Wahrheit?
Bis zu 30 Tage Gewahrsam weiterlesenKein Abstellen von Schuhen vor der Tür
Einem Vermieter steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 541 BGB zu, wenn der Mieter seine Schuhe vor der Wohnungstür abstellt. Das Amtsgericht Frankfurt am Main findet sogar noch eine Definition zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Treppenhauses. Treppenhäuser (auch Aufgänge und Laubengänge) dienen danach nur zum Betreten, um zur angemieteten Wohnung zu gelangen (Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.04.2022
– 33 C 2354/21 – ).
Kündigung wegen heimlicher Liebe in JVA
Beamte auf Probe können entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit hinsichtlich der Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung nicht bewährt haben. Eine Justizvollzugsbeamtin auf Probe kann daher entlassen werden, wenn sie eine heimliche Liebesbeziehung mit einem Strafgefangenen eingeht und ihn nach der Haft in ihre Wohnung aufnimmt (VG Berlin Urt. v. 12.10.2022, Az. VG 5 K 163/20).
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