Verteidiger Achtung! Anstiftung zur Falschaussage: Kein Milderungsgrund für Nicht-Zeugen

Wer Zeugen zur Falschaussage anstiftet, kann keine Strafmilderung erwarten, auch wenn er selbst kein Zeuge ist (BGH, Beschluss vom 05.02.2024 – 3 StR 470/23).

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Sachverhalt

Zwei Männer gerieten in einen Streit, wobei einer von ihnen den anderen mit einer Schreckschusspistole bedrohte. Bevor es zum Strafprozess kam, stifteten der Angeklagte und sein Strafverteidiger den Geschädigten dazu an, zugunsten des Angeklagten falsch auszusagen, um einen Freispruch zu erlangen. Der Zeuge konnte sich vor Gericht plötzlich nicht mehr erinnern, bedroht worden zu sein, und behauptete, Alkohol und Medikamente konsumiert zu haben. Später gestand er die uneidliche Falschaussage und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht Aurich verhängte gegen den Rechtsanwalt wegen Anstiftung zur Falschaussage und Strafvereitelung eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren auf Bewährung.

Entscheidung und Reaktionen

Zweimal hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Strafauspruch bereits aufgehoben und zurückverwiesen. Doch auch die letzte Verurteilung zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe durch das Landgericht Oldenburg mochte der Verteidiger nicht hinnehmen und ging erneut in Revision. Der Verteidiger argumentierte, dass der Strafrahmen hätte nach unten verschoben werden müssen, da der Angeklagte selbst als Anstifter zur Falschaussage kein Zeuge war. Der BGH (Beschluss vom 05.02.2024 – 3 StR 470/23) verneinte jedoch die Anwendung des § 28 StGB und verwarf die Revision.

Kein besonderes Merkmal nach § 28 StGB

Eine Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB kommt nur in Frage, wenn bei der Anstifterin oder dem Anstifter ein besonderes persönliches Merkmal fehlt, das die Strafbarkeit der Täterin oder des Täters begründet. Die Zeugeneigenschaft ist aber kein solches Merkmal, so die Karlsruher Richter. Vielmehr sei sie ein tatbezogenes Merkmal, auf das § 28 Abs. 1 StGB keine Anwendung finde.

Zur Begründung zog der BGH vor allem den Meineid nach § 154 StGB heran: Hiernach wird jede und jeder bestraft, der vor Gericht falsch schwört – unabhängig davon, ob man Zeugin oder Zeuge, Sachverständige oder Sachverständiger oder Partei ist. Die Zeugeneigenschaft könne also kein besonderes persönliches Merkmal des Meineids im Sinne des § 28 StGB sein. Würde man im Rahmen der Anstiftung zum geringeren Aussagedelikt der Falschaussage die Zeugeneigenschaft als persönliches Merkmal berücksichtigen, würde die Anstifterin oder der Anstifter der Falschaussage gegenüber der Anstiftung zu einem Meineid nach § 154 StGB unangemessen begünstigt.

Außerdem sollten die §§ 153 und 154 StGB laut BGH das Gericht vor unwahren Aussagen schützen.

Strafgrund sei also die (Mit-)Schöpfung einer falschen prozessualen Wahrheit und nicht die Verletzung einer Zeugenpflicht. Daher sei es als Teilnehmerin oder Teilnehmer eines Aussagedelikts irrelevant, ob man ebenfalls Zeugin oder Zeuge sei.

Meinung und Schluss

Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Justiz keine Nachsicht zeigt, wenn es um die Anstiftung zur Falschaussage geht. Die Entscheidung des BGH betont die Bedeutung der Wahrheitsfindung vor Gericht und zeigt, dass die Verantwortung für die Integrität des Verfahrens nicht nur bei den Zeugen, sondern auch bei den Beteiligten im Hintergrund liegt. Die Anstiftung zur Falschaussage wird hart geahndet, unabhängig davon, ob die Anstifter selbst Zeugen sind. Dies ist ein klares Signal, dass Manipulationsversuche im Justizsystem keine milderen Strafen zur Folge haben dürfen.

Die Manipulation von Zeugen ist auch berufsrechtlich nicht hinnehmbar. Nur um den “Fall” womöglich zu “gewinnen” begeben sich Kollegen hier nicht nur auf dünnes Eis, sondern sie verlassen auch die Ehre des Berufes. Vor allem nützt es dann auch nicht dem Mandanten. Ich rede mit meinen Mandanten Klartext und mache Ihnen die Wege klar und deutlich. Eine Anstiftung zu falschen Angaben durch Zeugen gehört nicht dazu.

In dem vorliegenden Fall hat der Kollege berufsrechtlich als auch menschlich versagt.

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2 Gedanken zu „Verteidiger Achtung! Anstiftung zur Falschaussage: Kein Milderungsgrund für Nicht-Zeugen“

  1. Die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters.
    Mit “Wahrheitsfindung vor Gericht” ist doch nichts anderes gemeint dass man für das Gericht eine mögliche Wahrheit (er)findet um ein Handlungsablauf zu erklären. Dies muss dann aber nicht zwingend auch die Wahrheit sein!

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