Einkaufswagen mitgenommen – Ist das strafbar?

Letztens bei EDEKA: Eine Frau (ca. 80 Jahre alt) entnimmt der Einkaufswagenparkanlage einen Wagen, in dem sie in eine dafür vorgesehene Einrichtung am Wagen ganze 50 CENT investiert. Sie fährt sorgenlos durch die Reihen. Legt in den Wagen, was ihr gefällt und sie unbedingt käuflich erwerben will. Nach lockeren zwei Stunden hat sie alles an Pralinen, Likör und Schweinefleisch gefunden und fährt an die Kasse, zahlt und fährt mit dem Einkaufswagen um die Ecke in ihre Wohnung. Der Einkaufswagen bleibt in der Wohnung. Er macht sich gut für weitere Einkäufe in dem EDEKA. Hierfür nutzt sie ihn auch.

Wie verhält sich hier die Rechtslage? Hat sich die Dame eines Diebstahls oder sonst etwas strafbar gemacht? Hat sie jetzt Eigentum an dem Einkaufswagen erworben?

Zu letzterem kann ich gleich ein klares NEIN mitteilen. Der Eigentumsübergang setzt zwei Willenserklärungen voraus. Der Supermarkt hat eine Erklärung zum Eigentumsübergang auf die Dame nicht erklärt – weder ausdrücklich noch konkludent. Andere rechtliche Erklärungen hierzu wären falsch.

Die große Frage ist, ob es hier ein Diebstahl sein kann. Vielleicht ist es aber auch nur eine Gebrauchsanmaßung. Diese wäre straflos.

Zur Prüfung muss ich mit Ihnen in den Straftatbestand einsteigen und die rechtliche Lage prüfen.

Die Straftat selbst findet sich in § 242 StGB:

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

 

Der Aufbau des Diebstahls stellt sich wie folgt dar:

  1. Tatbestand § 242 StGB
  2. objektiver Tatbestand
    1. fremde bewegliche Sache
    2. Wegnahme
  3. subjektiver Tatbestand
    1. Vorsatz
    2. Zueignungsabsicht
    3. Rechtswidrigkeit der Zueignung (obj. / subj.)
  4. Rechtswidrigkeit
  5. Schuld
  6. Strafantrag

 

Mögliche Qualifikationen lasse ich mal weg. Das sprengt den Rahmen. Und ich stürze mich auch auf die Knackpunkte dieser Prüfung.

Eine fremde bewegliche Sache ist der Einkaufswagen. Wer hierzu Zweifel oder Fragen hat, darf mir eine Mail schreiben. 😉

Die Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams und die Gründung neuen Gewahrsams. Dies liegt hier bei der Dame zweifelslos vor. Auch wer hier Fragen oder Zweifel hat, siehe Absatz hiervor. 😉

Die subjektive Seite ist der interessantere Part. Wie sieht es hier aus? Der Vorsatz auf die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache kann hier ohne Probleme auch bejaht werden. Man weiß, dass einem der Wagen nicht gehört (fremd ist), fahrbar ist (beweglich) und dass der Einkaufswagen auch rechtlich eine Sache ist. Auch den Gewahrsam soll der Supermarkt (Eigentümer / Gewahrsamsinhaber) nicht mehr ausüben, weil man den selbst ausüben will (Bruch des fremden und die Begründung neuen Gewahrsams). Dies geschieht, wenn man die Supermarkt verlässt.

Das war der Vorsatz (Wissen und Wollen) bzgl. der objektiven Tatbestandsmerkmale. Nun wird’s schwierig? Nein!

Die Zueignungsabsicht macht bei meinem Beispielsfall gar keine Probleme. Oder doch? Zueignungsabsicht liegt vor, wenn der Täter die Sache in der Absicht weggenommen hat, sich wenigstens vorübergehend in eine eigentümerähnliche Stellung zu bringen. Zudem muss in der Vorstellung die dauerhafte Entziehung des Gewahrsams beim Berechtigten aufgenommen worden sein.

Hier kommt es darauf an, was man erklärt, falls es zu einem Ermittlungsverfahren kommt. Die Dame hätte hier mehrere Möglichkeiten zum Erklären. Hier hat die Dame aber den Wagen weiterhin für Einkäufe verwendet.

Sie behandelt ihn also wie einen eigenen Korb.

Daher liegt in unserem Fall auch die Zueignungsabsicht vor.

Da die Dame auch kein Recht auf den Korb hat, ist auch die objektive Rechtswidrigkeit gegeben. Auch darauf bezieht sich ihr Vorsatz.

Jetzt sind wir mit dem Tatbestand durch. Nur, wenn die Dame einen Rechtfertigungsgrund hat, kann sie den Kopf aus der Schlinge ziehen.

Möglich wäre zum Beispiel:

Die Zustimmung des Supermarktleiters zur Nutzung des Korbes (auf Restlebenszeit).

Wenn die Dame aufgrund ihres Alters verwirrt ist, dann könnte man hier einen Irrtum annehmen, wenn sie zum Beispiel denkt, dass sie ja für die Nutzung bezahlt (50 CENT) hat. Das ist natürlich dahingehend Blödsinn, weil jeder weiß, dass er das Geld wieder zurückbekommt, wenn er den Wagen in die Einkaufswagenparkanlage bringt.

Alles in Allem ist das „Entführen“ des Einkaufswagens, entweder in die Wohnung oder in den Garten als Grill, ein Diebstahl im Sinne des § 242 StGB.

Auch wenn sie dafür 50 CENT bezahlt hat. Die sind ja noch im Wagen! 😉

Die Dame ist zu bestrafen!

Liegt der Strafantrag vor, dann steht dem auch nichts entgegen, wobei hier auch das öffentliche Interesse durch die Staatsanwaltschaft bejaht werden kann.

Einer Schätzung des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels (HDE) nach werden pro Jahr deutschlandweit etwa 100.000 Einkaufswagen entwendet. Jeder 20. Einkaufswagen wird innerhalb eines Jahres gestohlen. Bei Preisen von 80 bis 130 Euro pro Stück ist der Schaden für die Handelsketten erheblich.

 

www.PENNEKE.de

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