Rechtswidriger Schnellschuss zur Hausdurchsuchung

Landgericht RostockDer Ermittlungsrichter sollte auch immer auf die Norm sehen, dessen der Beschuldigte verdächtig ist. Wenn der Beschuldigte verdächtig ist, Suchtgifte nur erworben zu haben und es hierzu in der Strafvorschrift § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG heißt „unerlaubter Erwerb ohne Handel zu treiben“, dann kann doch nicht allen Ernstes in dem Beschluss stehen, dass nach „Dealerutensilien und Bargeld, welches aus dem Verkauf von Betäubungsmittel herrührt“ gesucht werden soll. Auch die Verhältnismäßigkeit muss besonders beachtet werden, wenn es eine geringe oder gar keine Straferwartung gibt. So entschied nun das Landgericht Rostock in einer Beschwerde.

 

Sachverhalt: Der Beschuldigte soll von jemand etwas Kokain erworben haben. Das soll sich aus einer Telekommunikationsüberwachung ergeben. Hierauf beantragte die Staatsanwaltschaft Rostock einen Durchsuchungsbeschluss bei dem Beschuldigten. Das Amtsgericht Rostock beschloss einen solchen. Die Durchsuchung wurde durchgeführt. Hiergegen erhob ich Beschwerde mit Erfolg.

 

Gründe (LG Rostock 11 Qs 61/14 (1): „Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Beschuldigte und Beschwerdeführer sei verdächtig unerlaubt Betäubungsmittel erworben zu haben, indem er am 11. Februar 2013 ein halbes Gramm Kokain für 50 EUR erworben habe. Ersichtlich hatte das Amtsgericht hierbei die Strafnorm des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG im Blick, deren vollständiger Tatbestand den unerlaubten Erwerb ohne Handel zu treiben voraussetzt. Vor dem Hintergrund des so zu verstehenden Tatverdachts ist der in dem Beschluss bezeichnete Durchsuchungszweck, „Dealerutensilien und Bargeld, welches aus dem Verkauf von Betäubungsmitteln herrührt“ aufzufinden, bereits unverständlich; ein Tatverdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln findet in den Ermittlungen keine Stütze. Der erhebliche zeitliche Abstand zwischen der mutmaßlichen Tat vom 11. Februar 2013 und der am 4. November 2013 beschlossenen und am 21. November 2013 durchgeführten Durchsuchung deuten schon darauf hin, dass der Durchsuchungszweck in keinem Zusammenhang zur Tat steht, der ohne Tatverdacht auf unerlaubtes Handeltreiben weisende Durchsuchungszweck belegt, dass die Durchsuchung in Wirklichkeit der Ermittlung von Tatsachen diente, die zur Begründung eines solchen Verdachts erforderlich sind, dies ist rechtswidrig (vgl. Meyer-Goßner StPO 55. Aufl. § 102 Rn. 1 mwN). Hinzu kommt, dass des bei dem gegebenen Ermittlungsstand und der erworbenen Menge nicht fernliegt, dass der Beschwerdeführer das Kokain zum Eigenverbrauch erworben hat, so dass das Gericht nach § 29 Abs. 5 BtmG von einer Bestrafung absehen könnte. Es ist anerkannt, dass eine Wohnungsdurchsuchung, die einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt, nur dann als verhältnismäßig angesehen werden kann, wenn die zu erwartende Strafe nicht nur geringfügig ist (vgl. aaO Rn. 15 a mwN). Umso mehr gilt dies, wenn von einer Bestrafung überhaupt abgesehen werden könnte.“

 

Recht so!

 

Hier war es gewiss wieder so, dass der Ermittlungsrichter den Antrag der Staatsanwaltschaft zunächst copy and paste in seinen Beschluss übernommen hat. Ob der Ermittlungsrichter über den gravierenden Eingriff in die Grundrechte nachgedacht hat, war bis heute nicht zu ermitteln.

 

Thomas Penneke