Anspruch auf rechtliches Gehör zur Unzeit

Justizia neuEine Stellungsnahmefrist von 15 Minuten zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters ist unangemessen und verletzt den Betroffenen in seinem Recht auf rechtliches Gehör. (OLG Naumburg 26.8.2014). Wie ist es in dem Fall, wenn das Gericht drei Stunden Frist gewährt, jedoch diese um 18:00 Uhr zu laufen beginnt?

Sachverhalt: Der Betroffene hat den erkennenden Richter am 11. Juni 2014 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Fax vom 12. Juni 2014, welches 8:29 Uhr vom Amtsgericht Dessau-Roßlau versandt wurde und 8.35 Uhr bei der Verteidigerin einging, wurde dieser die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters mit einer Stellungnahmefrist von 15 Minuten übersandt. Diese hat mit Fax vom 12. Juni 2014 8.55 Uhr hierzu Stellung genommen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits der Beschluss des Amtsgerichts Dessau-Roßlau ergangen, der das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückwies. Dieser Beschluss wurde vom Amtsgericht Dessau-Roßlau um 8.53 Uhr per Fax versandt.
Aus der Entscheidung: “Die Stellungnahmefrist von 15 Minuten zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters war unangemessen und verletzt den Betroffenen in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Im Gegensatz zur Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft kann der Senat — im Hinblick auf die beachtlichen Argumente die der Betroffene bereits zur Begründung seines Ablehnungsgesuches vorgebracht hatte — nicht ausschließen, dass das Ablehnungsgesuch — bei Berücksichtigung der Stellungnahme seiner Verteidigerin — Erfolg gehabt hätte. Insofern beruhen die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch sowie die spätere Entscheidung zur Verwerfung des Einspruches auf diesem Gehörsverstoß. infolge dessen war das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Juni 2014 aufzuheben.”
OLG Naumburg, Beschl. v. 26.08.2014 – 105 SsBs 82/14 (2 Ws 174/14)

Die Entscheidung ist richtig und ich glaube, dass ein Richter eines gewissen Amtsgerichts (nicht in Rostock) weder diese Entscheidung kennt, noch eine Ahnung hat, warum es ein Recht auf rechtliches Gehör gibt und hierzu auch die Gewährung zur Unzeit zu einer gleichen Entscheidung, wie oben führen muss.

 

So geschah es einem Kollegen. Dieser erhielt außerhalb der Bürozeiten kurz nach 18 Uhr vom Amtsgericht Stralsund die Aufforderung zur Stellungnahme bzgl. einer dienstlichen Erklärung des abgelehnten Richters. Der Kollege erhielt mehr als 15 Minuten Frist zur Stellungnahme.

 

Sage und schreibe drei (!) Stunden!!!
😀
Ich kann dem Kollegen jetzt nur raten, dass er zunächst eine Fristverlängerung von zwei Stunden beantragt, ankündigt mit dem zuständigen Richter noch telefonieren zu wollen (die eigene Handynummer angeben – und die schon archivierte Durchwahl des Richters suchen 🙂 ) und das dann auch tatsächlich in der ersten vorgegebenen Frist versucht, um dann in seiner Stellungnahme darauf hinzuweisen, dass am Dienstplatz des Richters leider niemand zu erreichen war. 😉

 

Also ich würde mich verarscht fühlen. Ob jetzt 15 Minuten zur Bürozeit oder 3 Stunden nach offiziellem Feierabend.

 

Bei mir haben die Richter Pech, denn Faxe kriege ich auch aufs Handy.

Penneke Strafverteidiger Rostock Strafrecht Thomas Penneke

Thomas Penneke