Umstände zu Gunsten des Angeklagten blieben unerwähnt

BGHEine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. September 2013 (2 StR 226/13) zeigt auf, dass die erste Instanz Umstände zu Gunsten des Angeklagten unberücksichtigt gelassen hat. Die Kammer war gewiss auf Verurteilungskurs. Wieder ein Punkt, wo die Richter gewiss wieder “gerecht”, aber nicht nach Recht und Gesetz handeln wollten?

 

Zunächst zum Sachverhalt: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit schwerer Körperverletzung und mit Beteiligung an einer Schlägerei, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt und drei Monate der Strafe als vollstreckt erklärt. Der Angeklagte war zusammen mit drei weiteren Personen an einer Schlägerei beteiligt, bei der es durch mit großer Brutalität gegen Kopf und Körper geführte Tritte zu schweren Verletzungen eines Tatopfers gekommen ist. Das Landgericht hat diese nicht von ihm begangenen Tathandlungen im Wege der Mittäterschaft zugerechnet; sein Beitrag erschöpfte sich vielmehr im Wesentlichen in einem folgenlos gebliebenen Angriff auf ein anderes Mitglied der fremden Gruppe und in weiterer, nicht näher erläuterter Beteiligung an der folgenden Schlägerei. Das besondere Ausmaß der Brutalität nahm das Landgericht als Ausdruck, des vom Angeklagten gezeigten Verhaltens. Seine auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hatte Erfolg.

 

Es gab eine heftige Schelte an das Landgericht Wiesbaden: „[…] Das Landgericht hat es nicht nur versäumt, einen minderschweren Fall nach § 226 Abs. 3 StGB zu prüfen. Es hat vor allem bei der konkreten Straffestsetzung bestimmende Umstände unerwähnt gelassen, die zu Gunsten des Angeklagten hätten berücksichtigt werden müssen. […] Der Senat kann – schon angesichts einer im Vergleich zum mitangeklagten Anführer der Gruppe Y. hohen Freiheitsstrafe – nicht ausschließen, dass eine sachgerechte Einordnung des Angeklagten und seines Verhaltens in das Tatgeschehen zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe geführt hätte. […]“

 

Man höre (und staune aber nicht mehr): „zu Gunsten des Angeklagten“ wurden Umstände unerwähnt gelassen.

 

Kenn ich von irgendwoher…. 🙁

 

Zum Schluss erklärt der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung: „Auch der Ausspruch über die Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat keinen Bestand. Die Kammer legt den Umfang der von ihr angenommenen Verfahrensverzögerung nicht dar, so dass der Senat nicht prüfen kann, ob die angeordnete Kompensation dem angenommenen Konventionsverstoß gegen Art. 6 I EMRK angemessen Rechnung trägt. Bei der Prüfung wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer zu berücksichtigen haben, dass einer Kompensation in geringerem Umfang als bisher das Verbot der reformatio in peius entgegenstehen würde.“

 

Also wird es mindestens bei der bisherigen Kompensation bleiben.

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

Thomas Penneke

www.penneke.de

 

 

 

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