Pflichtverteidigung bei fahrlässiger Tötung

Das Landgericht Neuruppin hob einen Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin auf, in dem die Beiordnung des Verteidigers zum Pflichtverteidiger abgelehnt worden war. Das Amtsgericht war der Meinung, dass der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung nicht als schwer einzuschätzen sei und auch im Falle der Schuld keine derart hohe Strafe zu erwarten sei, dass diese allein eine Bestellung bedingt. Der Umstand, dass die Tochter des Getöteten sich juristischen Rat einholte und den Anschluss als Nebenklägerin erwäge, sei auch nicht ausreichend, eine Pflichtverteidigung zu bejahen.

Hierauf wurde Beschwerde erhoben. Begründung fand diese wie folgt: „Ein Pflichtverteidiger ist zu bestellen, wenn sich in den Akten ein Sachverständigengutachten befindet, das als entscheidendes Beweismittel gegen den Angeklagten in Betracht kommt (m.N.). Zudem ist die Beiordnung zur sachdienlichen Verteidigung geboten, da einem Verteidiger der Akteninhalt bekannt gemacht werden musste (m.N.). Bei dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung soll die Beiordnung stet erfolgen (m.N.).“

Im Nichtabhilfebeschluss führte das Amtsgericht unter anderem aus: „Bei dem Verdacht der fahrlässigen Tötung werden regelmäßig Sachverständigengutachten eingeholt, um den Tod eines Menschen aufzuklären. Die vorliegenden Gutachten sind durchaus verständlich, auch ohne den Beistand eines Rechtsanwalts […]“

Diesen Unsinn räumte dann doch das Landgericht aus: „Die Mitwirkung eines Verteidigers ist gemäß § 140 Abs. 2 StPO wegen der Schwierigkeiten der Sachlage geboten. Als wesentliches Beweismittel gegen den Angeklagten dient vorliegend das Sachverständigengutachten zur Unfallanalyse vom 2. Januar 2013. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte das Gutachten, insbesondere die Anknüpfungstatsachen und Untersuchungsmethoden sowie die technischen Details, ohne anwaltliche Hilfe inhaltlich nachvollziehen kann und auf Richtigkeit hin überprüfen kann.“

 

Das Landgericht hat weise beschlossen, da sie auch gemerkt haben, dass der Angeklagte kein Jurist ist.

 

Landgericht Neuruppin Beschluss vom 22. Januar 2014 (13 Qs 7/14)

 

Thomas Penneke (Rechtsanwalt / Strafverteidiger)

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