Korinthenkackerei bei den Reisekosten des Anwalts

Geld1. Es ist unter Kostengesichtspunkten nicht ins freie Ermessen des Verteidigers gestellt, wie oft er seinen Mandanten in der Justizvollzugsanstalt aufsucht. Insoweit gilt der Grundsatz, dass der Verteidiger die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss.

2. Auch wenn dem Verteidiger die Streckenwahl für Fahrten zum in der Justizvollzugsanstalt inhaftierten Mandanten grundsätzlich freisteht, kommt auch insoweit der Grundsatz zum Tragen, dass der Verteidiger die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss.

 

(entnommen aus RVGreport 2013, 433 – LG Stuttgart)

 

Der erste Punkt ist wieder einmal ein Einschnitt in die Verteidigung. Was soll ich darunter verstehen, dass ich die “Ausgaben” für meine “Tätigkeit möglichst niedrig halten muss”? Wie oft ich meinen Mandanten aufsuchen muss und will, sollte doch der Verteidigung überlassen werden. Nicht ich habe ihn für mich schwerer erreichbar gemacht, sondern auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde ein Haftbefehl durch ein Amtsgericht erlassen. Manchmal benötigt man viele Recherchen und Rückfragen, Gespräche mit dem Mandanten (bis er auch auftaut) oder Erörterungen der Akte. Zwischen den Verhandlungstagen kann es auch viel Klärungsbedarf geben. Oft ist es so, dass die Beamten der Justiz meine Schützlinge gleich wieder in die JVA verfrachten wollen, so dass ich gar keine Chance der gerichtlichen Nachbereitung bekomme. Am Ende einer möglichen Verurteilung ist der Mandant Kostenschuldner gegenüber der Staatskasse. Die angefallenen Reisegelder des Strafverteidigers in die JVA machen doch den Braten nicht fett. Im Falle eines Freispruchs muss der Staat eben auch für diese Reisekosten in Gänze gerade stehen. Die Entschädigung für erlittene Untersuchungshaft ist schon lächerlich. Aber hierzu in einem anderen Beitrag mehr.

Auch neigen die Rechtspfleger immer mehr dazu, von mir zu fordern, dass ich die kürzeste Strecke zu meinen Mandanten in die JVA bzw. zu den Gerichtsterminen nehme. Dies ist doch auch Korinthenkackerei! Gerade hier im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern gleichen sich oft Länge der Strecke und der Zeit aus. Nur ein Beispiel: Fahre ich in die JVA Stralsund, dann kann ich über zwei Strecken fahren. Fahre ich schnell über die Autobahn A 20 und Zubringer nach Rügen, gelange ich in ca 50 Minuten und 100 Kilometer zum gewünschten Ziel. Sollte ich die kürzere Strecke (ca. 75 Kilometer) über Land nehmen, dann fahre ich mindestens 1 1/4 Stunde, wenn ich keinen Stau in Höhe Karl´s Erdbeerhof / Bentwisch / Mecklenburg-Vorpommern Brücke habe auf der Hintour. Rostocker wissen wovon ich rede. 🙂 Bespreche ich mit dem Mandanten 2 Stunden seinen Fall, geschieht es, dass das Abwesenheitsgeld für eine Abwesenheit des Anwalts unter vier Stunden (Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG mit 25 EUR) auf eine Abwesenheit des Anwalts auf über vier Stunden (Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG mit 40 EUR) steigt, wenn ich die kürzere (jedoch zeitlich längere) Strecke nehme. Ein Unterschied der Abwesenheitsgelder ist mit 15 EUR dann bezifferbar.

 

Die Differenz der mehr gefahrenen Kilometer (hin und zurück, wenn ich die zeitlich kürzere Strecke nehme) beträgt (ups!) 15 EUR (25 Kilometer x 2 x 0,30 EUR) und ich bleibe bei einem Gespräch von zwei Stunden mit dem Mandanten unter vier Stunden Abwesenheitsgeld. 😎

 

Diese Diskussion hatte ich mit einem Rechtspfleger. Peinlich für ihn! 🙂

 

Nicht, dass der Rechtspfleger mir das nächste Mal vorschreibt, dass ich nur 10 Minuten mit dem Mandanten zu sprechen habe. Dann geht meine Vorrechnung nicht auf. 😉 Obiges gilt auch bisher nur für die Fahrt zur JVA Stralsund. Die anderen Strecken habe ich jetzt nicht ausgerechnet. 😛

 

Thomas Penneke

Strafverteidiger Rostock

 

 

 

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