Berliner Ku’damm-Raser erneut wegen Mordes verurteilt

Im Prozess um ein tödliches Autorennen auf dem Berliner Kurfürstendamm sind die beiden Beschuldigten erneut wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilt worden. Das Landgericht Berlin verhängte am Dienstag 25.3.2019 lebenslange Haft gegen die beiden Angeklagten. Warum bewegt dieser Fall die Gesellschaft und die Strafrechtswissenschaft?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des Landgerichts Berlin im März 2018 auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht. Der BGH sah den bedingten Tötungsvorsatz nicht ausreichend belegt und begründet.

Wie das Schwurgericht zuvor sah es diese Kammer nun als erwiesen an, dass die inzwischen 27 und 30 Jahre alten Fahrer in ihren “hochmotorisierten” Autos den Tod eines unbeteiligten Mannes billigend in Kauf nahmen. Sie sollen mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt haben, so das Landgericht.

Keine Fahrlässigkeit

Es sei keine Fahrlässigkeit gewesen. Hamdi H. und Marvin N. hatten nicht die Absicht, einen Menschen zu töten. “Dass sie das nicht wollten, davon geht auch die Kammer aus”, sagt Schertz. Doch für eine Verurteilung wegen Mordes reicht auch ein sogenannter bedingter Tötungsvorsatz. Das heißt, die beiden müssen nicht gewollt haben, dass jemand stirbt. Sie müssen das tödliche Risiko aber erkannt und billigend in Kauf genommen haben, und zwar zu einem Zeitpunkt, als der Unfall noch zu verhindern gewesen wäre.

“Die Angeklagten haben aus nichtigem Anlass mit dem Leben anderer Menschen gespielt.” Sie seien “selbstverliebt und “rücksichtslos”. Vergöttert hätten sie ihre Autos. Den Kick haben sie sich auf der vielbefahrenen Straße in der Innenstadt von Berlin geholt. Der Vorsitzende Richter meinte auch: “Egal – nur kein Gesichtsverlust. Menschenleben? Egal.”

Dieses Mal drei Mordmerkmale

Die Richter finden gleich drei Mordmerkmale: niedrige Beweggründe, die Verwendung eines gemeingefährlichen Mittels und Heimtücke.

Bei dem Urteil vor mehr als zwei Jahren war das Landgericht Berlin noch davon ausgegangen, dass erst eine Sekunde vor der Tat ein entsprechender Tötungsvorsatz gefasst wurde. Als nämlich die Männer in die Unfallkreuzung hineinfuhren, hätten sie nach Feststellung des Landgerichts keine Möglichkeit mehr gehabt, den Unfall zu verhindern. Doch der BGH sah diesen Zeitpunkt für den Vorsatz nicht mehr fassbar ab.

Das Gericht wertete dieses Mal das Geschehen in Etappen, um den Zeitpunkt des Tötungsvorsatzes zu lokalisieren. Der Vorsatz wuchs an – und zwar vom “Start” über das “Rennen” zum “Ergebnis (Crash)”.

Der Bürger und die Politik schreien und die Gerichte folgen

Es scheint so, als ob hier das Gericht der Öffentlichkeit und der Politik gefallen will. Ich kann hier immer noch nicht den Tötungsvorsatz und vor allem ein Mordmerkmal erkennen. Mögen mich jetzt diejenigen steinigen wollen, die das nicht verstehen wollen. Es geht nicht um die Höhe der Strafe. Es geht mir um den Tatbestand.

Ich kann doch auch nicht aus einem Raub, begangen durch einen Kickboxer, einen besonders schweren Raub machen, weil ich den Kickboxer als angewandte Waffe sehe.

Der Zeitpunkt des Vorsatzes zur Tötung eines Menschen ist mir zu konstruiert. Es zeigt mehr auf, dass hier das Gericht der Öffentlichkeit und der Politik gefallen will. Das kann aber nicht unsere Rechtsprechung sein.

Hier wird der BGH über die Urteilsgründe zu befinden haben. Wenn die Mordmerkmale gut begründet sind, dann wird der BGH das Urteil nicht aufheben. Wird der Bundesgerichtshof wegen der Lokalisierung des Zeitpunktes des Vorsatzes dem Landgericht folgen?

Wir werden gespannt schauen.

Doch was wäre mit folgendem Fall?

Einem Angeklagten wird vorgeworfen, am 30.09.2017 zwischen der Ortschaft Döteberg und Seelze Süd mit einem Blutalkoholwert von 1,68 Promille ein Kraftfahrzeug geführt zu haben. Hierbei soll er zudem nicht über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt haben. Aufgrund alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit, regnerischen Wetters, nicht angepasster Geschwindigkeit und Unachtsamkeit soll der Angeklagte mit dem von ihm gesteuerten Fahrzeug gegen einen Baum gefahren sein. Im Fahrzeug befanden sich zudem vier Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 12, 15 sowie zweimal von 14 Jahren. Während drei der Mitfahrer aufgrund des Unfalls schwere Verletzungen erlitten, verstarb einer der 14-jährigen Jugendlichen am 03.10.2017 infolge seiner Verletzungen. (angeklagt vor dem Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Hannover verhandelt unter dem Vorsitz von Richterin am Amtsgericht Kleimann am 18.04.2019, 09:00, Saal 2170 ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie Straßenverkehrsgefährdung)

Klar! Hier kam es dem Fahrer nicht auf ein Rennen und den Sieg an. Doch nahm er nicht auch anderes Menschenleben dann billigend in Kauf? Die Raser – so schlimm das Ende auch ist – wollten doch niemanden töten.

Zum Schluss!

Ich sehe das auch in dem eben geschilderten Fall nicht so, auch dieser Mann wollte niemanden töten. Wenn man aber der Argumentation des Landgerichts folgt, dann müssten auch hier die Mordmerkmale geprüft werden. Doch wenn sich die Rechtsprechung weiterhin am Volk orientiert, dann können wir auch Einheitsstrafen einführen, wegen des Urteils das Volk befragen und bei jeder Tötung eine Fahrlässigkeit verneinen.

Die Herren in den schnellen Autos haben schwere Schuld auf sich geladen. Sie sitzen seit drei Jahren in Untersuchungshaft. Dem Toten wird nicht damit geholfen, wenn sie wegen Mordes verurteilt werden.

Ihr Rechtsanwalt / Strafverteidiger Thomas Penneke

Sie fanden diesen Beitrag interessant und nützlich? Dann teilen Sie ihn über die sozialen Netzwerke mit Ihren Freunden.
Sie wollen immer über neue Beiträge informiert werden? Dann tragen Sie sich jetzt für meinen Newsletter ein!
Sie haben weitere Fragen oder Anmerkungen? Dann freue ich mich auf Ihren Kommentar.

www.Penneke.de

Ein Gedanke zu „Berliner Ku’damm-Raser erneut wegen Mordes verurteilt“

  1. Ich halte dieses Urteil auch für ein politisch gewolltes. Es soll Signalwirkung haben. Ich hoffe, es wird noch gekippt. Totschlag und dafür eine maximale Bestrafung (wohl 8 Jahre?) wären m.E. richtig. Es gäbe ja unendlich Morde, wenn so argumentiert wird wie in diesem Fall.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert