Im falschen Film gewesen?

Penneke StPODie genaue Dokumentation von Zeugenaussagen ist in der Strafprozessordnung nicht vorgeschrieben. Vor allem in Protokollen der Landgerichte und Oberlandesgericht müssen nur die “wesentlichen” Förmlichkeiten enthalten sein, siehe § 273 StPO. Die Zeugenaussage selbst gehört hierzu nicht. Es wird im Protokoll lediglich erwähnt, dass es eine Zeugenaussage gegeben hat. Der Inhalt findet sich (wenn überhaupt) in den Urteilsgründen. 

 

Wenn man so manches Urteil hört, erschreckt man im Gerichtssaal und fragt sich: Wie kommt der Richter nur zu dem Schluss?

 

Dann führt der Richter seine mündlichen Gründe aus und da schießt es einem aufmerksamen Verteidiger durch den Kopf:

 

War ich im falschen Film?” oder “Habe ich vorhin doch in einem anderen Verhandlungssaal gesessen?

 

Ich bin schon nicht mehr erstaunt, dass es vielen Kollegen so geht. Die Berichte häufen sich.

 

Weiter: Dann erhält man die schriftlichen Gründe. Diese können von den mündlichen Gründen abweichen. Man liest sie und beäugt vor allem die wiedergegebenen Zeugenaussagen, die zu der Beweiswürdigung und schlussendlich zum Urteil führten. Man stellt fest, dass diese ganz anders waren.

 

Eine Rekonstruktion der Beweiswürdigung in der Revision ist an dieser Stelle aber nicht möglich. Das Revisionsgericht vertraut darauf, dass die Tatsacheninstanz alle Zeugenaussagen richtig und vollständig sind.

 

Ist dies nicht erfolgt, dann ist der Mandant verloren.

 

Man sieht, wie wichtig es doch sein könnte, wenn die Verhandlungen (wie auch immer) aufgezeichnet werden. Damit wäre dem Missbrauch oder Fehlern der Richter Einhalt geboten.

 

Zwei interessante und treffende Abhandlungen zu diesem Thema:

Der junge Richter und das Tonprotokoll

Der falsche Film

 

Im Übrigen finde ich es schon sehr bezeichnend, dass in letzter Zeit die Protokolle der Amtsgerichte nicht mehr handschriftlich in der Akte abgeheftet sind. Sie sind zwar einfacher zu lesen, doch wer garantiert (kontrolliert) die richtige Übertragung. Ein “frisiertes” Protokoll habe ich schon gehabt. Ein Vergleich mit meinen Aufzeichnungen hat es gezeigt.

 

Thomas Penneke

 

 

 

 

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