Der Zeuge als Beweismittel

Penneke GerichtssaalIch weiß nicht, wer es auf facebook verfolgt hat. Im letzten Jahr habe ich aus einer Verhandlung Äußerungen eines Zeugen wiedergegeben, die ein Bild eines Zeugen zeichneten, welches das Landgericht Neuruppin nun in den Urteilsgründen in der Beweiswürdigung noch einmal trefflich dargestellt hat. In der Verhandlung musste ich mir öfter das Lachen unterdrücken und die Tränen wegwischen. Manche Sprüche waren so herrlich, dass man hätte lachen müssen. Mach ich aber nicht, denn ich habe Respekt vor dem Zeugen, der seine Aussage bitter ernst meinte. Respekt zeugte er aber wahrlich nicht den anderen Verfahrensbeteiligten. Diese beleidigte er und versuchte die Vernehmungsleitung seiner Person an sich zu reißen. Schon mutig so ein Auftreten. 😉 Bei meinen Fragen war er lieb und ruhig. Nun ja, er war auch Belastungszeuge und ich Nebenklägervertreter. 😉 Ich hatte auch nicht mehr so viele Fragen. Doch hier seine Sprüche noch einmal und wie das Gericht sie würdigte. 

Sprüche (leider nicht mehr vollständig, doch sie geben ein gutes Bild des Zeugen):

Ansage des Zeugen vor Beginn seiner Belehrung: “Frau Richterin, wenn Sie meinen Namen falsch aussprechen, fasse ich das als Beleidigung auf.” (er hat einen einfachen deutschen Namen, den man durch den “ü”-Laut in die Länge hätte ziehen können, was aber kein peinliches Wort ergab.)

ZEUGE: “Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, bei welchen Bullen ich war. Bin so oft da. Mal ist es eine hässliche Alte mit schwarzen Haaren und Brille, dann so ein kleiner Fetter, dann ….” (kommentiere ich jetzt nicht)

Zeuge zu einer Verteidigerin: “Wie soll ich Ihnen das dann noch erklären, wie der Geschädigte umgerissen wurde. Kann ich mal jemanden umreißen?” 

Zeuge zu einer Verteidigerin: “Komm klar Mädchen!”  (das kam ca. 5 x)

und zur Richterin: “Nüscht hier mit runterkommen. Ich verdien mehr Geld als alle anderen hier….. (Denkpause) …. Naja, nicht alle hier.” (der Blick dazu war göttlich :-D)

Zeuge zur Richterin über die Verteidigerin: “Kann ich doch nichts dafür, dass die so inkomplex ist.”  (Fremdwörter sind Glückssache 😀 )

Zeuge zur Richterin: “Ich beantrage, dass ich die Fragen der Verteidigerin nicht mehr beantworte, weil sie eine Rassistin ist.”  (beide haben die gleiche Hautfarbe und sind deutsche Staatsbürger 😉 )

Nach dem Antrag dreht sich der Zeuge zur Verteidigerin und sagt: “crack whore?” und “Piperaucher?” (Stille im Gerichtssaal)

 

Zeuge etwas später zur Verteidigerin: “Denken Sie mein Leben ist so langweilig, dass ich mich noch an alles erinnern kann?” (mein persönlicher Lieblingsspruch 🙂 )

 

und zur Richterin: “Wer ist denn Ihr Chef?” (sein Pipe-Gott 😀 )

 

und wieder zur Verteidigerin: “Alter, weiß ich doch nicht mehr, mit wem ich mich alles unterhalten habe.”

 

Dann schreit er einmal noch die Richterin und auch die Verteidigerin an.

 

Und dann: “Wie oft soll ich noch NEIN sagen? Soll ich das buchstabieren? …. Öööh …. Ypsilon!”  

 

Schade, dass die Vernehmung nach 5 Stunden vorbei war. Ich hatte nur eine Frage und die hat er kurz beantwortet. Ansonsten durfte ich nur lauschen und mir das Lachen unterdrücken. 😉

 

In dem Urteil liest sich die Vernehmung des Zeugen so:

 

Bei dem Zeugen R. handelt es sich nach dem gewonnen Eindruck des Gerichts um eine schwierige Persönlichkeit. Der Zeuge ist durch ein respektloses und ungehaltenes Benehmen gegenüber allen Verfahrensbeteiligten aufgefallen. Er war aggressiv, leicht erregbar und reagierte zunehmend ungehalten auf seine Befragung, die deshalb mehrfach unterbrochen werden musste. Seine Schilderung des Geschehens war gerade nicht durch Sachlichkeit und Bedacht geprägt. Angesichts dieser Auffälligkeiten konnte der Zeuge R. im Rahmen der Beweiswürdigung selbstverständlich nicht als glaubwürdig eingestuft werden. Allerdings hat das Gericht die Aussage des verhaltensauffälligen Zeugen R. nicht als völlig unbrauchbar angesehen, sondern ist ihr insoweit gefolgt, soweit sie durch weitere Beweismittel eine Bestätigung gefunden hat.” (Landgericht Neuruppin 14 Ns 2/13)

 

Im Übrigen hat das Gericht sehr gut reagiert. Ich wäre bei dem Zeugen gewiss ausgeflippt und hätte das (wenn ich nicht wegen Befangenheit ausgeschlossen worden wäre, was gewiss aber geschehen wäre, denn der Zeuge war völlig respektlos gegenüber dem Gericht und ich hätte es ihn spüren lassen) in den Urteilsgründen anders “verarbeitet”. 😉

 

Thomas Penneke

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert