Nein, Herr Staatsanwalt! Keine Gefahr im Verzug!

Bundesverfassungsgericht Thomas Penneke Anwalt Strafrecht Rostock

Es geht nicht immer “Gefahr im Verzug”

Die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden für die Anordnung einer Durchsuchung endet mit der Befassung des zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichters und der dadurch eröffneten Möglichkeit präventiven Grundrechtsschutzes. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit am 15. Juli 2015 veröffentlichtem Beschluss entschieden. Die Entscheidung ist wichtig und richtig. Die Staatsanwaltschaft wird in die Schranken gewiesen. Wo kämen wir sonst hin? Was war eigentlich geschehen?

Sachverhalt: Im Ausgangsverfahren zur Verfassungsbeschwerde 2 BvR 2718/10 teilte ein Anzeigeerstatter der Polizei am 10. Mai 2010 gegen 16:30 Uhr mit, der Beschwerdeführer sei im Besitz einer Pistole und dessen Mutter habe gedroht, den Anzeigeerstatter umbringen zu lassen. Der gegen 17:25 Uhr telefonisch erreichte Ermittlungsrichter erklärte, ohne Vorlage einer Ermittlungsakte keine Entscheidung über die beantragte Durchsuchungsanordnung treffen zu können. Daraufhin ordnete die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung aufgrund der akuten Bedrohungslage für den Anzeigeerstatter um 17:30 Uhr selbst an.

Die Karlsruher Richter entschieden, dass die Aktionen rechtswidrig gewesen seien. Die Bundesrichter urteilten: Sobald bei einem Richter ein Durchsuchungsantrag gestellt wurde, endet die Eilzuständigkeit der Ermittlungsbehörden. Das gilt auch dann, wenn das Gericht nicht kurzfristig entscheiden kann oder will, teilten die Verfassungshüter mit. Das Grundgesetz schütze das Recht der Bürger, in ihren Wohnräumen “in Ruhe gelassen zu werden”. Eine Durchsuchung sei ein schwerwiegender Eingriff in dieses Grundrecht und dürfe deshalb grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnet werden.

 

Quelle: PM des Bundesverfassungsgerichts vom 15.7.2015

 

Was war das auch für eine riesige Sauerei des Staatsanwalts. Erst will er den Richtervorbehalt einhalten und nur, weil es ihm nicht passte, dass der Richter ohne Akte keine Entscheidung treffen wollte, entscheidet er selbst wegen “Gefahr im Verzug”. Das Verhalten des Richters war richtig. Das ist die Arbeit eines ordentlichen Richters. Dann brach jedoch der Ermittlungseifer oder die Selbstherrlichkeit des Staatsanwalts durch und er ordnete kraft seiner “Wassersuppe” die Durchsuchung an. Hätte der Staatsanwalt vielleicht auch eine Anordnung wegen Gefahr im Verzug getroffen, wenn der Richter den Durchsuchungsantrag abgelehnt hätte? Bei dem Gedanken habe ich gruselige Vorstellungen.

 

Thomas Penneke

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