Eltern im Knast – Und die Kinder?

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Was ist, wenn die Eltern in den Knast müssen?

Am 11. Juni 2015 verurteilte das Amtsgericht München eine 20-jährige kroatische Staatsangehörige wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahs zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten ohne Bewährung. “Die Mutterrolle und Verantwortung für ein Kind ist keine Garantie dafür, dass eine notorische Einbrecherin zukünftig keine Straftaten mehr begeht.” (AG München am 11. Juni 2015)

Was passiert nun eigentlich mit den Kinder, wenn die Eltern oder das Elternteil inhaftiert werden?

Wenn Mama oder Papa ins Gefängnis müssen, wird oft auch das Kind bestraft. Denn das eingesperrte Elternteil nur einmal pro Woche zu sehen, vielleicht sogar noch unter Aufsicht eines Wärters und im schlimmsten Fall mit einer Glaswand dazwischen, ist für viele Kinder psychisch aufreibend. Kinder stürzen oft in Trauer, Scham, Schuldgefühle, Zweifel und Ängste. Oft erzählten die Kinder, Papa oder Mama seien auf „Montage“ oder „Kur“, damit kein Klassenkamerad oder Nachbar davon erfahre, dass ein Elternteil im Gefängnis sitz. Aber auch Depressionen oder sonstige Krankheiten können bei dem betroffenen inhaftierten Elternteil hervorgerufen werden.

Es gibt keine gesetzliche Initiative. Die JVA Bützow versucht sich jedoch in diesem Bereich. Ein Projekt ist „Papa ist auf Montage“. Davon sollen Kinder und auch Väter profitieren. Einmal im Monat werden dreistündige Familientreffen organisiert. Ein Mehrzweckraum wurde umgestaltet und in Kinderzimmer unterteilt. Die Männer sollen beispielsweise durch Kochkurse im Knast zu “besseren Vätern” getrimmt werden. Mütter werden außerhalb von Sozialarbeitern betreut.

Die JVA Frankfurt III “inhaftiert” die Kinder mit ihren Müttern. Soll das eine Lösung sein? Die Nachrichten der Telekom beschreiben dies, dass die Kinder so wenig vom Gefängnis mitbekommen sollen, wie es möglich ist:

“In den Zellen gibt es neben der Pritsche für die inhaftierten Mütter auch ein Kinderbett, einen Wickeltisch und eine Krabbelunterlage. Gitter an den Fenstern gibt es nicht. Die Inhaftierten werden auch nicht in ihre Hafträume eingeschlossen, sondern haben eigene Schlüssel. Die Vollzugsbediensteten wie Doreen Weiss tragen zivil. “Keine Mutter wird zusammengestaucht, wenn das Kind dabei ist”, nennt Hermes einen anderen Grundsatz, der dazu beitragen soll, dass die Kinder im Gefängnis unbeschadet aufwachsen.

An jeder Zellentür hängt eine bunte Zeichnung von zwei Tieren. Diese Motive finden sich auch auf der knallbunten Wand im Hof wieder. Der sieht aus wie ein ganz normaler Spielplatz – bis auf die Stacheldrahtrollen hoch oben auf der Mauer. “Die Kinder sollen so wenig Gefängniseindrücke wie möglich haben”, sagt Hermes.”

Nun stachelte mich ein Urteil aus München dazu an, über diese Problematik nachzudenken. Aus dem Urteil:

“Die junge Frau ist am 5.8.14 vormittags in ein Reiheneckhaus im München Perlach eingebrochen. Sie hat mit einem Schraubenzieher das Küchenfenster im Erdgeschoß aufgebrochen und sämtliche Schränke und Schubladen durchsucht. Das Haus wurde dabei verwüstet. Alle Gegenstände waren auf dem Boden verstreut. Die Angeklagte entwendete eine Goldkette mit einem Edelstein im Wert von circa 300 Euro und Bargeld in Höhe von 200 Euro. Sie war mit ihrem Ehemann kurz vor der Tat von Kroatien nach München gereist, um sich die Stadt anzusehen. Um sich Geld zu verschaffen, ist sie in das Haus eingebrochen und hat dabei einen Sachschaden von circa 2000 Euro verursacht. Die Angeklagte wurde kurz nach der Tat verhaftet und befand sich ab 8.3.15 in Untersuchungshaft. In der Justizvollzugsanstalt brachte sie am 22.4.15 eine Tochter zur Welt. Die Tochter wurde im Mai vom Kindsvater und dessen Eltern im Einverständnis mit der Angeklagten abgeholt und lebt nun bei der Familie des Vaters in Kroatien. Die Angeklagte vermisst ihr Kind sehr.

Obwohl sie Mutter eines Neugeborenen ist und die Tat gestanden hat, wurde sie zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht hat auf die 20-jährige Angeklagte Jugendstrafrecht angewendet und festgestellt, dass bei ihr schädliche Neigungen vorliegen. Die Angeklagte wurde bereits im Jahr 2010 vom Amtsgericht Freiburg wegen 2 Einbruchsdiebstählen und 4 versuchten Einbrüchen zu 8 Monaten Jugendstrafe und im März 2013 in Frankreich zu 2 Monaten Freiheitsstrafe ,die zurückgestellt ist bis 2018, wiederum wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt. Wegen dieser Vorverurteilungen saß die Angeklagte in Frankreich bereits 9 Monate in Haft. In Deutschland saß sie im Jahr 2010 zwei Monate in Haft. Das Gericht stellt fest: „Zwar ist sie mittlerweile Mutter geworden und hat in der Hauptverhandlung nachvollziehbar geäußert, ihr Kind sehr zu vermissen. Angesichts der tief verwurzelten kriminellen Energie der Angeklagten hat das Gericht jedoch nicht die Hoffnung, dass allein die Mutterrolle und die damit verbundene Verantwortung für ihr Baby die Angeklagte künftig längerfristig auf einem rechttreuen Lebensweg halten kann.”

PM 37/15 Amtsgerichts München vom 13. Juli 2015 zum Urteil vom 11. Juni 2015 AZ 1034 Ls 468 Js 199228/14

Im vorliegenden Fall wird das Kind von der Familie versorgt. Soweit so gut. Jedoch wie ist es in den Fällen, in denen keine Familie zur Kindeserziehung parat steht? Ist die “Inhaftierung” des Kindes mit der Mutter ein gangbarer Weg? Wie sieht es mit dem Vater aus? Sollte im Zuge der Gleichberechtigung nicht auch der Vater die Möglichkeit bekommen, sich mit seinem Kind inhaftieren zu lassen?

Thomas Penneke

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