Verkehr: Polizist muss zahlen! Zu schnell zum Einsatzort

Ein Polizist haftet für Schäden am Polizeifahrzeug, wenn er bei unübersichtlicher Verkehrslage mit zu hoher Geschwindigkeit zum Einsatzort fährt.

Selbst bei Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) dürfen die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht.

(Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 18.03.2024 – 5 K 65/21).

Sachverhalt

Ein Polizeikommissar des Landes Berlin erhielt im November 2017 den Auftrag für einen Einsatz in Berlin-Lübars, wo ein “gegenwärtig stattfindender Einbruch” gemeldet worden war. Während der Anfahrt kollidierte er mit einem anderen Pkw, was zu einem erheblichen Schaden führte. Unmittelbar vor dem Unfall erreichte das Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 92 km/h. Trotz starker Bremsung war die Kollision mit einer Geschwindigkeit von 30 – 35 km/h nicht mehr zu vermeiden. Im Oktober 2020 zog der Polizeipräsident den Polizisten zum Ersatz der Hälfte des entstandenen Schadens heran, weil er grob fahrlässig gegen seine dienstlichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe. Der Polizist argumentierte, ihm sei nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen und besondere Eile sei geboten gewesen, um die Einbrecher noch am Tatort anzutreffen.

Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klage des Polizisten abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass der Polizist die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt habe. Selbst bei Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) dürfen die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht. Diese Verhältnismäßigkeit habe der Polizist missachtet. Die konkreten Verhältnisse am Unfallort hätten größere Vorsicht und damit eine niedrigere Geschwindigkeit erfordert. Zudem rechtfertigte der Einsatzzweck keine Gefährdung Dritter, da es nur um einen Einbruch und nicht um eine akute Gefährdung von Personen ging. Daher wurde der Polizist anteilig in Höhe der Hälfte des Schadens (4.225,59 Euro) in Regress genommen, wobei das Mitverschulden des anderen Unfallbeteiligten berücksichtigt wurde.

Meinung und Schluss

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin verdeutlicht die Grenzen der Inanspruchnahme von Sonderrechten durch Polizeibeamte. Auch bei dringenden Einsätzen müssen Polizisten die Verhältnismäßigkeit wahren und dürfen nicht unverhältnismäßig hohe Geschwindigkeiten fahren, die die öffentliche Sicherheit gefährden. Wir sind eben nicht bei Cobra 11.

In diesem Fall hat das Gericht klar gemacht, dass ein Einsatz wegen eines Einbruchs, bei dem keine akute Gefahr für Personen besteht, keine Rechtfertigung für eine solch riskante Fahrweise bietet. Irgendwie ist das sogar nachvollziehbar. Ob dies nun Polizisten zur erhöhten Vorsicht veranlasst, mag bezweifelt werden. Hoffentlich schlägt es nicht in das Gegenteil um, denn schnelle Hilfe ist durch Polizei immer erforderlich (sage ich, obwohl ich Strafverteidiger bin).

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