Unzulässige Tatprovokation und der faire Prozess hiernach

Penneke Strafverteidiger Rostock Strafrecht Thomas Penneke 1

Ist bei der unzulässigen Tatprovokation überhaupt ein fairer Prozess möglich?

“Ein Strafprozess kann nur fair sein, wenn alle Beweise, die durch eine unzulässige Tatprovokation gewonnen worden sind, aus diesem ausgeschlossen werden oder ein Verfahren angewendet wird, das vergleichbare Ergebnisse nach sich zieht.” So lautet eine Kernaussage aus einem Urteil des EGMR vom 23. Oktober 2014 (Nr. 54648/09).

1. Selbst wenn ein nationales Gericht eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch eine unzulässige Tatprovokation ausdrücklich anerkennt, genügt dies nicht, um die Opfereigenschaft des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 34 EMRK auszuschließen. Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung von Straftaten kann die Verwendung von Beweismitteln, die aus einer unzulässigen staatlichen Tatprovokation stammen, nicht rechtfertigen. Ein Strafprozess kann nur fair sein, wenn alle Beweise, die durch eine unzulässige Tatprovokation gewonnen worden sind, aus diesem ausgeschlossen werden oder ein Verfahren angewendet wird, das vergleichbare Ergebnisse nach sich zieht. Jede staatliche Reaktion, die hierhinter zurückfällt, ist keine hinreichende Kompensation der eingetretenen Verletzung des Art. 6 EMRK. Selbst eine erhebliche Milderung der gegenüber dem Beschwerdeführer verhängten Strafe kann nicht als Verfahren betrachtet werden, das zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Dies gilt erst Recht, wenn die Milderung nicht durch eine betragsmäßige Bestimmung messbar gestaltet wird.
2. Eine unzulässige Tatprovokation liegt vor, wenn der Staat den Betroffenen zurechenbar beeinflusst, um eine Tat aufklären und aburteilen zu können, die es anderweitig nicht gegeben hätte.
3. Bei der Prüfung, ob eine Tatprovokation wegen eines bislang mangelnden Tatverdachts (einer mangelnden Tatbereitschaft) unzulässig war, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die Polizei an den Betroffenen (erstmals) herantritt. Zu einem Einzelfall der unzulässigen Provokation eines Betroffenen, gegen den kein Tatverdacht bestand, der jedoch früher zu Straftaten bereit war.

Quelle und das Urteil: HRRS 2014 Nr. 1066
Wie ist es nun bestellt um den fairen Prozess? Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr. Warum muss ich einen tatunentschlossenen bzw. tatgeneigten Menschen zu seiner Tat provozieren, damit ich eine Straftat habe, die ich aburteilen kann.

 

Weder menschlich noch rechtstaatlich sehe ich eine Erklärung hierzu. Hier wird doch der später zu Verurteilende zum Opfer! Ohne den Provokateur wäre er doch gar nicht zum Täter geworden!

 

Ich denke, dass jeder Mensch tatgeneigt ist. Man muss nur vorher abchecken, zu welcher Straftat er neigt.

 

So kann man Selbstständige und Politiker zu Bestechlichkeits- oder Steuerdelikten reizen.

So kann man Arbeitslose und HartzIV-Empfänger zu Betrugsdelikten reizen.

So kann man wütende Bürger zu Gewaltdelikten reizen.

 

Manchmal ist es nur eine Frage des “Lohns”, den man vom Provokateur versprochen bekommt.

 

Ich finde die Provokation gar nicht witzig! So und wer hat es erfunden? Stammt das nicht aus Unrechtssystemen, die wir schon lange hinter uns gelassen haben wollen?

 

Thomas Penneke