§ 99 StPO kann auch auf Postsendungen analog angewendet werden, die sich nicht mehr im Gewahrsam des zur Auskunft zu verpflichtenden Postsendungsunternehmen befinden. (Beschluss des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof 3 BGs 211/13 – 2 BJs 162/11-2).
Sachverhalt: Die Ermittlungen ergaben, dass der Beschuldigte in einer bestimmten Zeit die von der Gruppierung genutzte Wohnung in der ??straße in ?? bewohnt hat. Die für diesen Bereich zuständige Postzustellerin, B. , hat gegenüber den Ermittlungsbehörden bekundet, sie könne über die näheren Umstände des Postverkehrs d. B. Absender/Adresspersonalien, Häufigkeit von Postsendungen) Angaben machen, benötige hierfür jedoch eine Aussagegenehmigung ihrer Arbeitgeberin, der P. Der Generalbundesanwalt hat daraufhin die P. um die
Erteilung einer Aussagegenehmigung für die genannte Mitarbeiterin gebeten. Hierzu hat die P. mit Schreiben vom 18. Mai 2012 Stellung genommen und mit Blick auf Art. 10 GG, § 39 PostG, § 206 StGB und §§ 99, 100 StPO die Rechtsauffassung vertreten, dass sie sich ohne eine richterliche Anordnung gemäß §§ 99, 100 StPO außerstande sehe, der Postzustellerin eine Aussagegenehmigung zu erteilen.
Rechtsausführungen: Es ist anerkannt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Postbeschlagnahme gemäß § 99 StPO statt dieser die – mit einem geringeren Eingriff in das Brief- und Postgeheimnis verbundene – Auskunft über die Postsendungen verlangt werden kann, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von ihm herrühren oder bei denen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist,dass sie von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind (vgl. BGH [Ermittlungsrichter],Beschluss vom 31. August 2011 – 2 BGs 458/11, unter II B; LGHamburg, StV 2009, 404; Nack in KK-StPO, 6. Aufl., § 99 Rn. 11; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 99 Rn. 14; Löwe-Rosenberg/Schäfer, StPO, 25. Aufl., § 99 Rn. 29; ebenso Nr. 84 Satz 1 RiStBV). Die Auskunft kann sich in entsprechender Anwendung des § 99 StPO auch auf solche Sendungen beziehen, die sich nicht mehr im Gewahrsam des Postunternehmens befinden (BGH [Ermittlungsrichter], Beschluss vom 31. August 2011 – 2 BGs 458/11, aaO; Nack in KK-StPO, aaO; BeckOK-StPO/Graf, Stand 1. Juni 2012, § 99 Rn. 16; ebenso Nr. 84 Satz 2 RiStBV; a.A. LG Hamburg, aaO S. 404 f.; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 99 Rn. 14; Löwe-Rosenberg/Schäfer, aaO Rn. 30).
Kurzum: Die Auskunft der Postzustellerin ist auch in analoger Anwendung des § 99 StPO möglich.
Thomas Penneke
Strafverteidiger Rostock