„Itiotentreff“-Chat reicht nicht für Suspendierung
Ein rassistischer WhatsApp-Chat allein reicht nicht für die Suspendierung eines Polizisten – zumindest laut VG Wiesbaden (VG Wiesbaden Beschluss vom 16. April 2025 – Aktenzeichen: 28 L 149/24.WI.D).
Polizist WhatsApp Suspendierung – klingt nach Klarheit, endet aber im deutschen Disziplinarrecht. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die vorläufige Dienstenthebung eines Beamten ausgesetzt, der in einer Chatgruppe mit dem vielsagenden Namen „Itiotentreff“ aktiv war. Rassistische, antisemitische und menschenverachtende Inhalte? Ja, aber Meinungsfreiheit. Verfassungsfeindlich? Nicht sicher. Die Entscheidung ist ein Ritt auf der Rasierklinge zwischen Loyalitätspflicht und Grundrechten.
Sachverhalt
Ein Polizeibeamter des 1. Polizeireviers Frankfurt am Main war ab 2018 Gegenstand eines Disziplinarverfahrens. Der Vorwurf: Teilnahme an mehreren problematischen WhatsApp-Chats, darunter „Itiotentreff“, in denen zahlreiche Dateien mit rassistischen und menschenverachtenden Inhalten zirkulierten. Über 150 solcher Dateien wurden dem Beamten zugerechnet – darunter Bilder, Videos und Kommentare. Seit Mai 2022 war der Mann suspendiert, zuletzt durch Verfügung vom 8. November 2023.
Entscheidung / Auswirkungen
Das VG Wiesbaden gab dem Antrag des Beamten gegen die Suspendierung statt. Zwar seien 13 versendete Dateien problematisch, doch insgesamt reiche das Material nicht aus, um eine verfassungsfeindliche Gesinnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu belegen. Besitz allein reiche nicht – es fehle an Beweisen, dass der Beamte die Dateien bewusst vorhielt. Die Meinungsfreiheit schütze auch anstößige und provozierende Äußerungen. Die Voraussetzungen für eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis seien nicht erfüllt. Die Suspendierung wurde daher vorläufig aufgehoben – allerdings ist der Beschluss nicht rechtskräftig.
Meinung und Schluss
Man kann sich fragen, was schlimmer ist: dass ein Polizist in einem Chat mit dem Namen „Itiotentreff“ aktiv ist – oder dass die Justiz darin kein hinreichendes Problem sieht. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden wirkt wie eine Trockenübung im Grundrechte-Turnen: Meinungsfreiheit mit Hantel, Dienstpflicht mit Yoga-Matte. Natürlich schützt das Grundgesetz auch die hässlichen Meinungen – aber es schützt eben auch das Vertrauen in den Staat.
Wenn ein Polizist Inhalte verschickt, die demokratiefeindlich oder herabwürdigend sind, reicht das nicht automatisch für die Suspendierung. Juristisch ist das nachvollziehbar, aber politisch schwer vermittelbar.
Eine andere Entscheidung fasste in 2024 das VG Koblenz im Fall eines Polizeibeamten auf Probe.