Modernisierung des Strafverfahrensrechts

“Modernisierung” des Strafverfahrensrechts

Das Bundeskabinett hat am 23.10.2019 den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Strafverfahrensrechts beschlossen. Haben Sie davon gehört? Ziel sei es, Strafprozesse zu beschleunigen und die Strafverfolgung effektiver zu gestalten. Naja, es wird wohl wieder die weitere Beschränkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten werden. Sehen wir uns die “Modernisierungen” mal an.

Ausweitung der DNA-Analyse auf äußerliche Merkmale und Alter 

Der Entwurf sehe eine Ausweitung der DNA-Analyse im Strafverfahren auf äußerliche Merkmale und das Alter vor. Das, was auch mit Videoüberwachung, Fotos oder Zeugenaussagen erkennbar wäre, solle künftig auch durch die DNA-Analyse ermittelbar werden. Dabei werde sichergestellt, dass die verfassungsmäßigen Grenzen hinsichtlich des Kernbereichsschutzes eingehalten werden. Bis jetzt noch!

Erweiterte Polizei-Befugnisse bei Einbrüchen

Zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls sei eine Ausweitung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden im Bereich der Telekommunikationsüberwachung, insbesondere bei serienmäßiger Begehung vorgesehen. Die Telekommunikationsüberwachungen werden also auf weitere Delikte ausgeweitet. Mal sehen, welche in naher Zukunft noch hinzustoßen und die Überwachung auch beim “Lutscherdiebstahl” rechtfertigen.

Bündelung der Nebenklagevertretung

In umfangreichen Strafverfahren werde die Bündelung der Interessensvertretung mehrerer Nebenkläger ermöglicht. Zudem würden Standards für die Beeidigung von Gerichtsdolmetschern vereinheitlicht. Die Bündelung ist soweit aber schon möglich. Wie die Standards dann aussehen, war noch nicht ermittelbar. Wird aber nicht so spannend sein.

Leichtere Ablehnung von Befangenheits- und Beweisanträgen, isoliertes Verfahren bei Besetzungsrüge

Um Strafverfahren zu beschleunigen, werde die Ablehnung von Befangenheitsanträgen durch eine neue Fristenregelung erleichtert. Ferner sollen missbräuchlich gestellte Beweisanträge künftig leichter abgelehnt werden können. Überdies werde für die Überprüfung der ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts ein Vorabentscheidungsverfahren eingeführt. Letzteres soll verhindern, dass ein Prozess am Beginn “platzt”. Aus Sicht der Gerichte positiv, aus Sicht der Verteidigung eine Frechheit. Wir sollen also vorher das Gericht auf Fehler hinweisen und eine schnelle Verurteilung des Mandanten fördern? Das käme einem Parteiverrat gleich. Weiterhin wird dem jetzt schon leichtfertig benutzten Begriff des “Missbrauchs” von Beweisanträge Vorschub geleistet. Die Fristenregelung von Befangenheitsanträgen setzt den Angeklagten unnütz gegenüber dem befangenen Richter unter Druck. Diese Änderungen beschränken die Verteidigung.

Einheitliche Fristen für Unterbrechung bei Mutterschutz und Elternzeit

Die Fristen zur Unterbrechung der Hauptverhandlung würden im Hinblick auf Mutterschutz und Elternzeit harmonisiert. So werde verhindert, dass Prozesse abgebrochen und völlig neu durchgeführt werden müssen. Auch hier kann ich den Sinn nicht sehen. Jetzt werden Fristen, die sich die StPO selbst auferlegt, damit es ein fairer Prozess im Interesse des Angeklagten bleibt, ausgehöhlt und “harmonisiert”, damit die Verurteilung des Angeklagten voranschreiten kann.

Ausweitung der Videoaufzeichnung bei Sexualdelikten 

Bei allen erwachsenen Opfern von Sexualdelikten werde ermöglicht, eine Videoaufzeichnung der richterlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung zu verwenden. Auch dies schadet eine effektiven Strafverteidigung. Die konfrontative Befragung wird so verhindert. Gerade in diesem Bereich wird ein Missbrauch mit Anzeigen betrieben, wie es kein anderer Deliktsbereich bietet. 8 von 10 Vergewaltigungsanzeigen sind erstunken und erlogen.

Verhüllungsverbot für Verfahrensbeteiligte

Es werde ausdrücklich geregelt, dass Verfahrensbeteiligte in Gerichtsverhandlungen ihr Gesicht weder ganz noch teilweise verhüllen dürfen, wenn dieses Verbot zur Identitätsfeststellung oder zur Beurteilung des Aussageverhaltens notwendig ist und keine medizinischen Gründe vorliegen, die gegen ein Verhüllungsverbot sprechen. Endlich mal was Vernünftiges, was aber auch wieder durch Ausnahmen ausgehöhlt wird.

Die “Modernisierung” geht gar nicht!

Ich halte nichts von dieser “Modernisierung”. Sie schränkt die Rechte des Angeklagten ein und eröffnet dem Richter eine regelmäßige, geregelte und gesetzeskonforme Willkür. Danke!

Thomas Penneke

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Strafrecht

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