Schon wieder: kein Grundsatz der Waffengleichheit

PflichtverteidigungWeder ist die Sach- und Rechtslage schwierig noch erwarten den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr. Die Tatsache, dass die Nebenkläger anwaltlich vertreten sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn Rechtsanwalt H. ist nicht beigeordnet, sondern Wahlanwalt (AG Grevesmühlen Beschluss vom 14. März 2014 6 Ds 381/13).

 

 

Sachverhalt: In einem Strafverfahren am Amtsgericht Grevesmühlen wegen einer angeblichen Beleidigung beantragten die „Beleidigten“ die Zulassung der Nebenklage. Meines Erachtens lagen die Voraussetzungen des § 395 Abs. 3 StPO nicht vor. Besondere Gründe waren überhaupt nicht dargetan oder ersichtlich. Sie liegen auch nicht vor. Schwere Folgen der angeblichen Tat sind auch nicht dargetan. Sie auch nicht vor. Zur Wahrung der eigenen Interessen brauchen die Zeugen nicht die Rechte eines Nebenklägers. Das Gericht folgte den Argumenten nicht (bzw. hatte es wohl keine Lust einen ablehnenden Bescheid zu fassen und eine Beschwerde zu kassieren). Es beschloss ohne Begründung die Zulassung der Nebenklage. Dieser Beschluss ist für den Angeklagten nach § 396 Abs. II S. 2 HS 2 StPO unanfechtbar. Aufgrund der Zulassung der Nebenklage beantragte ich nun die Beiordnung meiner Person als Pflichtverteidiger für den Angeklagten (klar! Kostengrund!), da dieser in einem solchen Fall erheblich beeinträchtigt ist (vgl. Hamm StraFo 04, 242, Köln NStZ 89, 542; Saarbrücken NStZ 06, 718, Zweibrücken NStZ-RR 02, 112; StraFo 05, 28.

 

Der Gesetzeswortlaut sieht in § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO seit dem 14.3.13 (heute vor einem Jahr) auch die Beiordnung vor, wenn der Nebenkläger von einem beigeordneten Anwalt vertreten wird.

 

Ob sich damit die obigen Rechtsauffassungen erledigt haben, steht noch aus. Das Amtsgericht Grevesmühlen hat jedenfalls hier einen „Meilenstein“ gesetzt. Das Landgericht Stralsund hatte in einem ähnlichen Fall auch schon negativ entschieden (siehe hier: https://www.blog.strafrecht-mv.de/2014/03/08/penneke-pflichtverteidigung-prinzip-der-waffengleichheit-gibt-es-nicht/ )

 

Nur so am Schluss sei noch erwähnt: Der Beschluss kam selbstverständlich erst heute (Freitag) nach 14:00 Uhr per Fax in mein Büro. Am Montag ist der dazugehörige Prozess um 9:00 Uhr. Ein Schelm ist, wer böses dabei denkt.

 

Thomas Penneke

Strafverteidiger Rostock

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