Ein Widerspruch zwischen einer Wertung, der Angeklagte weise eine „komplexe Disposition zum Normbruch auf” und seinem bisher straffreien Vorleben, muss das Landgericht aufklären. Ansonsten kann eine rechtsradikale Gesinnung bei einem Betäubungsmittelverstoß nicht strafschärfend berücksichtigt werden (BGH Beschluss 7. Februar 2023 – 6 StR 9/23).
” (…) Das Gericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tat- einheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis und die Einziehung sichergestellten Marihuanas und Koffeins angeordnet. (…)
(…) Das Landgericht hat bei seiner Strafzumessung berücksichtigt, dass „es sich bei dem Angeklagten um einen Nazi-Verblendeten handelt”, was deutlich mache, dass dieser „nicht nur im vorliegenden strafrechtlichen Kontext, sondern in komplexer Hinsicht dazu disponiert ist, sich über Normen hinwegzusetzen, die ein zivilisiertes Zusammenleben ermöglichen sollen; dies ist strafzumessungser- heblich und hat sich zu seinen Lasten ausgewirkt”. Den Schluss auf diese Einstellung des bislang unbestraften Angeklagten hat es aus zahlreichen Gegenständen gezogen, die im Zuge einer Wohnungsdurchsuchung neben den zum Handel bestimmten Betäubungsmitteln sichergestellt werden konnten. Dabei handelte es sich etwa um „ein Buch mit der Aufschrift ,Adolf Hitler'” und um auf einem Mobiltelefon gespeicherte Bilddateien mit Hakenkreuzsymbolen und weiteren auch antisemitischen Inhalten. (…)
(…) Die deshalb notwendige tatschulderhöhende Beziehung der Gesinnung des Angeklagten zur Tat hat das Landgericht nicht dargelegt. Eine solche ergibt sich – anders als möglicherweise bei Aggressions- und Gewaltdelikten – auch nicht ohne Weiteres aus dem Tatbild des festgestellten Betäubungsmittel- bzw. Straßenverkehrsdelikts. Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer -zumindest auch – insoweit auf das Vorleben des Angeklagten (§ 46 Abs. 2 StGB) in rechtsfehlerfreier Weise abgestellt hat. (…)”
Wieder eine durch mich geführte Revision. Das Gericht konnte hier nicht einfach die Gesinnung eines Angeklagten strafschärfend berücksichtigen.