Pflichtverteidigerwechsel

Penneke Strafverteidiger LG Schwerin

Pflichtverteidigerwechsel

 

Ich berichtete in einem der letzten Blogbeiträge von dem überaus besonderen Phänomen an deutschen Amtsgerichten: der plötzlich auftauchende Pflichtverteidiger. Er kommt aus dem NICHTS und tut NICHTS. In dem Fall, über den mich immer noch aufrege (was aber auch an dem dazugehörigen Staatsanwalt liegen könnte 😉 ), konnte ich durch die Beschwerde einen Wechsel der Pflichtverteidigung herbeiführen. Die Gründe….. 

Die Gründe:

“Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 StPO soll dem Beschuldigten vor der Beiordnung eines Pflichtverteidigers die Möglichkeit gegeben werden, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zu benennen. Da ihm das offensichtlich nicht möglich war, hat das Amtsgericht im vorliegen Fall eine Verteidigerin ausgewählt und sie ohne Widerspruch des Beschuldigten zur Pflichtverteidigerin bestellt. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.”

 

Damit wollte das Landgericht ausdrücken, dass die Beiordnung der dem Beschuldigten völlig unbekannten Pflichtverteidigerin ordnungsgemäß erfolgte.

 

Auf die durchaus ausführlichen und emotional vorgebrachten Bedenken des fast 80 jährigen, hafterfahrenen Beschuldigten, die ich auch teilte, führt das Landgericht aus:

 

“Anhaltspunkte dafür, dass die bestellte Pflichtverteidigerin unfähig wäre, den Angeklagten sachgemäß zu verteidigen, liegen ebenfalls nicht vor.”

 

Es geht das Landgericht nicht auf die vielen vielen Punkte ein, die der Beschuldigte vorbrachte, der schon viele Strafverteidiger bzw. Anwälte, die sich im Strafrecht versuchen, kennengelernt hat (so seine Worte).

Die Kammer fand eine weise Lösung 🙂

“Eine Auswechslung des Verteidigers wird von der Rechtsprechung, die auch von der Kammer vertreten wird, allerdings dann für zulässig gehalten, wenn der Beschuldigte und beide Verteidiger damit einverstanden sind und keine Mehrkosten entstehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei der unverzüglichen Bestellung eines Verteidigers nach § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO die Interessen des Beschuldigten nicht ausreichend berücksichtigt werden konnten (vgl. Meyer-Goßner / Schmitt, a.a.O., Rn. 5 a zu § 143 m.w.N.). Von diesen Voraussetzungen ist vorliegend auszugehen.

Der Beschuldigte wurde nach Aktenlage am 19. März 2015 um 10:00 Uhr festgenommen und schon wenige Stunden später mit dem Erfordernis der sofortigen Bestellung eines Pflichtverteidigers konfrontiert. Für ihn bestanden in dieser Situation wenig Handlungsalternativen.

Zudem haben beide Verteidiger dem vom Beschuldigten ausdrücklich beantragten Verteidigerwechsel zugestimmt. Nennenswerte Mehrkosten sind aufgrund der bisherigen Aktivitäten der Pflichtverteidigerin in diesem Verfahrensstadium noch nicht zu befürchten.”

 

Nach diesem Beschluss wurde die bisherige Pflichtverteidigerin entpflichtet und ich beigeordnet. Das hätte das Amtsgericht auch einfacher haben können.

 

Im Übrigen war es wieder bemerkenswert, dass ein gewisser Staatsanwalt sehr großen Wert darauf legte, dass ich nicht der neue Pflichtverteidiger des Beschuldigten werde. Dieser Staatsanwalt scheut wohl den juristischen Kampf mit offenen Visier mit mir, denn er weiß, dass ich um den Mandanten mit allen Mitteln der Strafprozessordnung kämpfen werde.

 

Thomas Penneke

Fachanwalt für Strafrecht

 

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