Kein Schmerzensgeld für eine Beleidigung

Penneke Strafverteidiger Rostock Strafrecht Thomas Penneke 2Nicht in jedem Fall gibt es ein Schmerzensgeld!

 

Einer beleidigt einen anderen und verletzt somit dessen Persönlichkeitsrecht. Damit macht sich der Beleidiger strafbar und verstößt auch gegen das Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das Landgericht Neuruppin entschied am 14. Januar 2015 (LG Neuruppin Urteil vom 14. Januar 2015 – 4 S 131/14), dass es nicht in jedem Fall ein Schmerzensgeld gibt, selbst wenn das Strafgericht bei seiner Strafzumessung von einem noch etwaig zu zahlenden Schmerzensgeld an den Kläger zu Gunsten des Angeklagten (des Beleidigers) ausgegangen ist.

Sachverhalt: Der Kläger verlangt Schmerzensgeld vom Beklagten aus mehrfachen Beleidigungen. Der Beklagte lebte seinerzeit mit der Exfrau des Klägers und dessen leiblichen Kindern in einem Haushalt. Die Scheidung und die Folgeverfahren waren von heftigen gerichtlichen Streitereien geprägt. Der Beklagte hatte in diversen eMails den Kläger beleidigt und ihm Intelligenz, Ehrlichkeit und sonstiges abgesprochen. Die eMails wurden den Kindern des Klägers gezeigt. Diese entfremdeten sich mehr und mehr von ihm. Der Kläger klagte nicht nur auf Schmerzensgeld, sondern stellte auch Strafantrag. Der Beklagte wurde wegen Beleidigung in zweiter Instanz dann schuldig gesprochen. In erster Instanz wurde dem Kläger ein Schmerzensgeld von 2.000 EUR zugesprochen. Der Beklagte ging in die Berufung mit Erfolg.

 

Rechtsgrundlage:

Ein auf § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 Grundgesetz (GG) beanspruchtes Schmerzensgeld wegen einer Persönlichkeitsverletzung besteht nur, wenn “eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Verletzung des Persönlichkeitsrechts erfolgt ist oder von einer subjektiv besonders schweren Schuld auszugehen ist und die Persönlichkeitssphäre bei Versagen einer Entschädigung ohne Schutz bliebe.” (BGH Urteil vom 30. Januar 1996 VI ZR 386/94; BVerfG Beschluss vom 22. März 2007  1 BvR 2007/02; BAG Urteil vom 21. Februar 2013 – 8 AZR 68/12)

 

Entscheidung:

Zu berücksichtigen sei nach Ansicht des Landgerichts Neuruppin zunächst die

Art der Kundgabe

und auch der

Hintergrund der Beleidigungen“.

 

Im vorliegenden Fall ist zwar der Beklagte über sein Ziel

hinausgeschossen

und die Äußerungen seien mit nichts gerechtfertigt, doch

der Anlass des Schreibens” lag “in der emotional aufgeladenen Atmosphäre des Konflikts.”

 

 

Zudem habe der Kläger Genugtuung durch das Strafverfahren gegen den Beklagten erfahren.

Dabei fällt nicht erheblich ins Gewicht, dass die Berufungskammer des Landgerichts bei der Bemessung der Strafhöhe ein an den Kläger zu zahlendes Schmerzensgeld berücksichtigt hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Beklagte strafrechtlich verurteilt ist, seine Schuld also festgestellt ist, und ihm in Fall zukünftiger Beleidigungen erhebliche Folgen drohen.

 

Zum Schluss resümiert das Landgericht in seinem Urteil: “Schmerzensgeld ist nur für konkret feststellbare Beleidigungshandlungen in einem Ausnahmefall zu zahlen, der hier aber nicht vorliegt.”

 

Mein Resümee:

Das gibt neues Futter für die Abwehr von Schmerzensgeldansprüchen bei Beleidigungen. Die weitere Rechtsprechung bleibt spannend, denn der Ausnahmefall muss m.E. immer seitens des Klägers substantiiert dargelegt werden. Insbesondere sollte ein laufendes oder abgeschlossenes Strafverfahren immer als besondere Belastung des Beklagte (des Beleidigers) und damit einhergehende Genugtuung des Klägers angeführt und “ausgeschlachtet” werden. Der Kläger muss vortragen, warum eine Genugtuung noch nicht vollständig gegeben ist. Wenn ich bedenke, wieviel Schmerzensgeld für so manche “Beamtenbeleidigung” gezahlt wurde….. Polizisten sind doch – entgegen den obigen privaten Kläger – einiges gewohnt….

 

Das was für die Entscheidung eines Richters wichtig war, stört den anderen Richter nicht. Da sieht man es wieder, dass Strafrecht und Zivilrecht nicht miteinander vollständig harmonieren müssen.

 

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