Auf Kreuzfahrt: Zwangstrinkgeld oder Seeräuberei?

Das Thema Trinkgeld ist zwar grundsätzlich kein Thema für Strafrecht, aber dies auch nur grundsätzlich. Da stolpere ich bei alltäglichen Surfen, denn man hat ja sonst nichts zu tun 😇, über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz, die da im Leitsatz lautet: Kreuzfahrtveranstalter darf Trinkgeld nicht automatisch vom Bordkonto der Urlauber abbuchen (OLG Koblenz, Beschluss vom 14.6.2019 – 2 U 1260/17). Was war denn da los?

Ich las diese Überschrift und fragte mich als allererstes, mit welchem Kreuzfahrtschiffen waren denn da Seewütige unterwegs. War es Seeräuberei? 😲 Oder vielleicht einfach nur Betrug oder was war da los?

10 Euro pro Person und Nacht automatisch abgebucht

Der Reiseveranstalter hatte in einem Prospekt von Aldi-Reisen für eine Kreuzfahrt geworben. Dort wurde auf die Trinkgeld-Regelung an Bord hingewiesen. Die Regelung besagte, dass ein Trinkgeld von 10 Euro pro Person und Nacht automatisch vom Bordkonto der Reisenden abgebucht werde. Diesen Betrag könnten sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen.

Die Entscheidung noch einmal:

Der Veranstalter einer Kreuzfahrt darf ohne Zustimmung des Urlaubers kein pauschales Trinkgeld vom Bordkonto abbuchen. Ein Hinweis, dass die Zahlung an der Rezeption gekürzt oder gestrichen werden könne, reiche nicht aus.

Unangemessene Benachteiligung

Im zugrundeliegenden Fall wurde der beklagte Reiseveranstalter bereits in erster Instanz durch das Landgericht Koblenz dazu verurteilt, es zu unterlassen, in Reiseverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, diese Klausel zu verwenden oder sich bei der Abwicklung solcher Reiseverträge auf diese Klausel zu berufen. Auf die Berufung der Beklagten bestätigte das Oberlandesgericht Koblenz diese Entscheidung. Bei der von der Beklagten verwendeten “Trinkgeldempfehlung” handele es sich um eine den Verbraucher unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Eine vorformulierte Erklärung sei bereits dann als AGB einzuordnen, wenn sie nach ihrem objektiven Wortlaut den Eindruck hervorrufe, dass damit der Inhalt des Vertrages festgelegt werden soll. Das sei hier der Fall. Denn die Katalogangaben würden regelmäßig Vertragsinhalt, wenn der Reisende sich auf der Grundlage des Reiseprospekts für die Reise entscheide und es bei Abschluss des Reisevertrages insoweit nicht zu Änderungen komme.

Vorgegebene Widerspruchslösung benachteiligt Reisende unangemessen

Die “Trinkgeldempfehlung” unterliege daher der gesetzlichen Inhaltskontrolle, welche festlegt, dass eine AGB unwirksam ist, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB). Die unangemessene Benachteiligung liege hier in der vorgegebenen Widerspruchslösung. Denn in der Folge werde der Reisende “stillschweigend”, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen wurde, zu einer über den Reisepreis hinausgehenden Zahlung verpflichtet. Das Gesetz schreibt jedoch für Verbraucherverträge vor, dass eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, ausdrücklich getroffen werden muss (§ 312 a Absatz 3 Satz 1 BGB).

Die Entscheidung ist richtig. Die Problematik der Katalogangaben ist alt und jeder sollte sich vor einer Reise genau vergewissern.

Beispiel für eine gute Kreuzfahrt

Dass in den Katalogen auch schon falsche Hotels abgebildet wurden, hat sich mittlerweile wohl rumgesprochen. Aber, dass Trinkgeldempfehlungen Vertragsbestandteil werden können, wenn man ihnen nicht widerspricht, schlägt dem Fass doch den Boden aus.

Es muss doch mir überlassen bleiben, wie viel Trinkgeld ich wofür gebe. Ist es überhaupt dort angekommen, wo es hinsollte? Was machen jetzt die Passagiere, die das Zwangs”Trinkgeld” gezahlt haben?

Das Reiseunternehmen war übrigens: Berge & Meer Touristik GmbH

Thomas Penneke

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Strafrecht

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