Erfolgreiche Revision des Nebenklägers zugunsten des Angeklagten

Sind Sie auch über die Überschrift gerade gestolpert und fragen sich, wie so etwas möglich sein kann? Die Kosten sind den Nebenklägern auch noch auferlegt worden. So kann es gehen. Also: Ich kläre Sie mal über diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes auf. 

Zum Prozesssachverhalt:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge und schwerer Gesundheitsbeschädigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von drei Jahren und sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen streben die Nebenkläger unter anderem eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts an. 

Der Tenor

  1. Die Revisionen der Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. November 2019 werden verworfen, soweit sie zuungunsten des Angeklagten eingelegt worden sind. 
  2. Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das vorbezeichnete Urteil zugunsten des Angeklagten 
    1. a)  im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt wird; 
    1. b)  im Ausspruch über die im Fall B.V.-VI. verhängte Einzelstrafe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 

Die Nebenkläger haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 

Der Grund

Die Feststellungen zu § 315 d Abs. 1 StGB waren soweit in Ordnung, jedoch ergaben sie nicht, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 StGB verwirklicht hat, sodass es für die Annahme der hieran anknüpfenden Erfolgsqualifikation des § 315d Abs. 5 StGB (vgl. dazu Ernemann in SSW-StGB, 5. Aufl., § 315d Rn. 20 mwN) bereits an der Grundlage fehlt. Dem erkennenden Gericht sei die neueste Rechtsprechung des Senats noch nicht bekannt gewesen. Die kompletten Gründe können Sie hier nachlesen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=36726e5893e2908ed236253c22a8a3c1&nr=126219&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

Warum kann der Senat das machen?

Eigentlich haben doch die Nebenkläger hier eine härtere Bestrafung gefordert und nun wird die Entscheidung zugunsten des Angeklagten aufgehoben? Der Senat kann die gebotene Schuldspruchänderung und die Teilaufhebung des Strafausspruchs im Beschlusswege nach § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO analog auch auf die Revision der Nebenkläger hin vornehmen, denn der Angeklagte wird dadurch nicht beschwert (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 1995 – 2 StR 394/95, NStZ-RR 1996, 130; Wiedner in BeckOK-StPO, 41. Edi- tion, § 349 Rn. 52 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 20. Juli 2021 – 4 StR 31/21 Rn. 5). 

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