BGH bestätigt Verurteilung einer Pflegemutter wegen schwerer Misshandlung eines Kindes

Das Urteil gegen eine Kinderkrankenschwester wegen schwerer Misshandlung eines ihr anvertrauten Kindes ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf. Hiernach muss die Pflegemutter für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Deggendorf hatte die Angeklagte wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung zu dieser Freiheitsstrafe verurteilt. Der BGH hat lediglich den Schuldspruch berichtigt. Dieser lautet jetzt auf schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung (Beschluss vom 12.07.2016, Az.: 1 StR 205/16).

Das Landgericht Deggendorf hat die Angeklagte, eine im Tatzeitraum 34 Jahre alte Kinderkrankenschwester, wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen der Strafkammer betraute das Jugendamt im März 2014 die Angeklagte mit der Bereitschaftspflege für den im Juni 2010 geborenen Mario und seinen jüngeren Bruder Kevin. Anders als bei Kevin gestaltete sich die Betreuung von Mario schwierig, da dieser an Entwicklungsverzögerungen litt und deutliche Verhaltensauffälligkeiten zeigte. Nachdem die Angeklagte dem Jugendamt hiervon berichtet hatte, bot man ihr an, Mario sofort aus der Pflege herauszunehmen, was die Angeklagte zunächst ablehnte. Ab Mai 2014 sukzessive auftretende Verbrennungsverletzungen als Folge von Misshandlungen bemerkte die Angeklagte, unternahm aber nichts. Hätte sie das Jugendamt informiert, wäre Mario aus der Familie genommen worden und ihm wären die weiteren Misshandlungen dieser Art, deren Verursacher nicht festzustellen war, erspart geblieben.

Als der Junge am 9. Juni 2014, einem sehr heißen Tag, auf einer aufgeheizten Terrassenplatte saß, hielt die Angeklagte ihn durch Gewalt oder psychische Einflussnahme davon ab, aufzustehen. Wie die Angeklagte erkannt und gebilligt hatte, erlitt Mario wegen der großen Hitzeentwicklung an der gesamten Sitzfläche Verbrennungen dritten Grades. Es bildeten sich sogleich großflächige Brandblasen. Dennoch brachte die Angeklagte den unter größten Schmerzen leidenden Jungen erst am 20. Juni 2014 in das Krankenhaus. Nach einer sehr langwierigen Behandlung und mehreren Operationen ist Mario im gesamten Sitzbereich von einer sehr auffälligen, wulstartigen, Verwachsungen aufzeigenden Narbenbildung gezeichnet und durch die Geschehnisse weiter traumatisiert.

Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass die Angeklagte Mario durch ihr Verhalten quälte und dabei die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung und einer erheblichen Schädigung seiner Entwicklung vorhersah und billigend in Kauf nahm. Es hat die Narben als in erheblicher Weise dauerhaft entstellend gewertet.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts und einer Verfahrensrüge gestützte Revision der Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass sie der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung schuldig ist. Diese Berichtigung des Schuldspruchs beruht darauf, dass das Landgericht trotz der zutreffend angenommenen Verwirklichung der Qualifikation des § 225 Abs. 3 StGB, der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen, dies nicht im Tenor zum Ausdruck gebracht hat. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Vorinstanz:

LG Deggendorf – Urteil vom 11. November 2015 – 1 KLs 4 Js 4002/14

Quelle: PM 131/16 des BGH

 

Zur Information und Weiterbildung:

§ 225 Mißhandlung von Schutzbefohlenen

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,

2.seinem Hausstand angehört,

3.von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder

4.ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,

quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder

2.einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung

bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

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