BGH: Beteiligung an Terrorvereinigung wird neu bewertet

Die gesamte Tätigkeit eines Mitglieds einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung stellt eine einzige materielle Tat dar. Auch weitere Verstöße werden durch diese Beteiligung zu einer rechtlichen Handlungseinheit verknüpft (BGH Urteil vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24).

Damit hebt der dritte Senat des BGH die bisherige Rechtsprechung zu den Konkurrenzen auf.


Sachverhalt

Die heute 32-jährige Angeklagte reiste 2014 mit ihrer einjährigen Tochter nach Syrien, um sich ihrem Ehemann, einem IS-Kämpfer, anzuschließen. Sie lebte mit ihrer Familie in der vom IS kontrollierten Stadt Rakka, führte den Haushalt, erzog ihre Kinder ideologisch nach den Vorgaben des IS und unterwarf sich dessen Regeln. Nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete sie erneut einen IS-Kämpfer und zog später mit ihren drei Kindern nach Mayadin, einer weiteren Hochburg des IS. Erst 2017 kehrte sie nach Deutschland zurück.

Das Oberlandesgericht Hamburg verurteilte die Frau zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen zweier Fälle der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Diese Bewertung der Taten entsprach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den sogenannten Konkurrenzen.


Entscheidung

Im vorliegenden Fall reduzierte der BGH den Schuldspruch auf einen einzigen Fall der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten blieb unverändert, da diese als angemessen erachtet wurde.


Meinung und Schluss

Wichtig für die Studenten und Referendare hier. Das Urteil des BGH setzt einen neuen Maßstab für die strafrechtliche Bewertung von Beteiligungshandlungen an terroristischen oder kriminellen Vereinigungen.

Die bisherige Praxis, solche Handlungen in mehrere Einzelstraftaten zu unterteilen, wird zugunsten einer umfassenden rechtlichen Einheit aufgegeben. Dies dürfte jedoch auch Kritik auslösen, da spezifische Taten innerhalb der Gesamtbewertung weniger ins Gewicht fallen könnten.

Es bleibt die Frage: Setzt dieses Urteil eine gerechte Balance zwischen der individuellen Schuld und der Notwendigkeit, die Gefahren terroristischer Vereinigungen effektiv zu bekämpfen?

Ich denke nicht. Es stellt nur klar, dass es – und das ist das Richtige – es einen Tatentschluss für dieses Delikt (der Mitgliedschaft) gibt.



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