Ein schlechter Scherz mit der Polizei – und doch keine Straftat: Eine Frau meldete eine angebliche Trunkenheitsfahrt, die nie geplant war. Das Amtsgericht Calw sprach sie frei und klärte, warum die Grenzen der falschen Verdächtigung hier nicht überschritten wurden (Urteil vom 05.11.2024 – 8 Cs 32 Js 18114/24).
Sachverhalt
Eine Frau rief bei der Polizei an und behauptete, ein stark alkoholisierter Mann wolle mit seinen zwei Kindern vom Vereinsheim mit dem Auto heimfahren. Sie nannte das Autokennzeichen und gab sich unter einem früheren Namen aus. Der Anruf stellte sich als Streich heraus: Der Mann war weder alkoholisiert noch hatte er vor, mit dem Auto zu fahren.
Die Staatsanwaltschaft sah in dem Vorfall eine falsche Verdächtigung und beantragte einen Strafbefehl. Die Frau legte gegen den Strafbefehl einen Einspruch ein und es kam zu einer Verhandlung.
Entscheidung
Das AG Calw entschied, dass der Straftatbestand der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) nicht erfüllt war. Der Grund: Die Frau hatte keine bereits begangene Straftat gemeldet, sondern lediglich eine bevorstehende Handlung geschildert. Laut Gericht schütze § 164 StGB primär vor der fälschlichen Beschuldigung einer vollendeten Tat.
Die Richter stützten sich auf die klare Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen begangenen und bevorstehenden Taten in verschiedenen Vorschriften, etwa § 145d StGB. Auch der historische Rückgriff ins Preußische Strafgesetzbuch von 1851 bestätigte die Auslegung, dass nur die Falschbeschuldigung von begangenen Straftaten strafbar ist. Aber auch ins römische Recht ging es in der Begründung.
Ebenso sah das Gericht keinen Missbrauch von Notrufen (§ 145 StGB). Die Frau hatte nicht die Notrufnummer „110“ gewählt, sondern die Festnetznummer der Polizei. Der Schutzbereich von § 145 StGB umfasse laut Gericht ausschließlich Notrufverbindungen im Sinne der Notrufverordnung.
Meinung und Schluss
Ein Scherz, der zu weit ging? Vielleicht. Doch das AG Calw hat m.E. gut dargestellt, dass das deutsche Strafrecht klare Grenzen zieht, auch für vermeintlich dumme Streiche. Wer noch nie an einem Examen teilgenommen hat, dürfte sich über die Argumentation bis ins römische Recht amüsieren. Der Fall zeigt aber, wie ernst Gerichte die Auslegung von Gesetzen nehmen.
Und wer weiß: Vielleicht sollten wir alle zweimal überlegen, bevor wir uns einen „Jux“ auf Kosten anderer erlauben. Denn auch wenn es diesmal kein Strafverfahren gibt – vielleicht ist der nächste Streich nicht so folgenlos. Für die Frau bleibt zu hoffen, dass sie sich künftig nicht selbst ins juristische Abseits manövriert. Und für uns? Der Fall sorgt sicherlich für Gesprächsstoff – und nicht nur bei angehenden Juristen.
Vielen Dank Herr Pennecke, dass Sie mich bzw. ihre Follower stets mit lehrreichen und bisweilen leicht amüsanten Begebenheiten und Entscheidungen versorgen. Ich verfolge auch Ihre kurzweiligen Kommentare. Ich lasse das Wissen und die Informationen auch in meine tägliche polizeiliche Arbeit einfließen. Liebe Grüße aus Rostock
Es freut mit, dass auch die Polizei mitliest. 😉