Nach erfolgreichem Raub: Rücktritt von versuchter Körperverletzung möglich

Hat der Räuber seine Beute in der Hand, muss er den Geschädigten nicht weiter angreifen. Der BGH hob ein Urteil auf, weil das Landgericht Osnabrück nicht geprüft hatte, ob der Angeklagte von der versuchten Körperverletzung zurückgetreten ist (BGH, Beschluss vom 20.08.2024 – 3 StR 245/24).

Sachverhalt

Ein Mann wollte die Umhängetasche eines Passanten rauben. Dazu stach er mit einem Rasiermesser nach ihm, traf aber nicht. Schließlich gelang es ihm, die Tasche zu ergreifen und zu fliehen. Der Geschädigte verfolgte ihn noch mit einem Stock, konnte aber nur die Tasche ohne Bargeld und Schmuck zurückholen. Das Landgericht Osnabrück verurteilte den Täter wegen schweren Raubes und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf. Der Grund: Das Landgericht hatte es versäumt, den Rücktritt vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 StGB zu prüfen. Der Generalbundesanwalt führte aus, dass der Angeklagte nach dem Ergreifen der Tasche von weiteren Angriffen abgesehen habe. Dies könne darauf hindeuten, dass der Täter sein Ziel erreicht hatte und keine Notwendigkeit mehr sah, das Opfer weiter zu attackieren. Der Rücktrittshorizont – also die Sicht des Täters nach der Zielerreichung – sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dem hat sich der Senat dann angeschlossen und entschieden.

Meinung und Schluss

Also: Auch ein Täter, der bereits eine Straftat begangen hat, kann in manchen Fällen noch von einem weiteren Versuch zurücktreten und dadurch strafmildernde Umstände geltend machen. Der Räuber in diesem Fall hatte sein Ziel – die Beute – erreicht und sah offenbar keinen Grund mehr, dem Opfer weitere Verletzungen zuzufügen.

Diese Entscheidung zeigt mal wieder, dass Gerichte bei der Beurteilung von Versuchen immer auch den Rücktritt in Betracht ziehen müssen. Warum das vergessen wurde, erklärt sich nicht.

Es bleibt spannend, wie das Landgericht Osnabrück den Fall nun neu bewerten wird. Oder zieht sie das Urteil glatt?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert