Die Auswirkungen der Verletzungen eines Geschädigten auf einen anderen Geschädigten bedarf gesonderter Ausführungen. Die besonderen Folgen einer solchen zusätzlichen Einwirkung auf ein Opfer muss gesondert dargestellt werden, gerade wenn der Angeklagte wegen beider Schädigungen verurteilt worden ist.
Der Verlust des Anspruchs auf Altersgeld gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Gewährung eines Altersgeldes des Landes Mecklenburg-Vorpommern muss in der Strafzumessung Berücksichtigung finden.
Das Ausmaß der Verletzungen und die Schwere der Tatfolgen können bei einer Verurteilung wegen Versuchs in der Strafzumessung berücksichtigt werden.
BGH Beschluss vom 28. Juni 2023 – 6 StR 413/22
Was soll geschehen sein?
Nach den Feststellungen beabsichtigte der seit mehr als 30 Jahren als Kriminalbeamter tätige Angeklagte, seine Bekannte zu töten, weil er die Vaterschaft eines gemeinsamen Kindes nicht anerkennen und das Bekanntwerden einer von ihm vorgenommenen Manipulation eines Vaterschaftstests verhindern wollte. Zu diesem Zweck suchte er sie in ihrer Wohnung auf. Nachdem sie die Wohnungstür geöffnet hatte, überschüttete er sie mit Brennspiritus, den er mit einem Streichholz in Brand setzte. Die Geschädigte konnte zwar gerettet werden, erlitt aber schwerste Brandverletzungen. Außerdem verletzte der Angeklagte ihre zufällig anwesende Mutter lebensgefährlich, indem er sie kraftvoll zu Boden schlug.
Die Entscheidung
Der Strafausspruch erwies sich schon als rechtsfehlerhaft. Doch führte das nicht zur Aufhebung des Urteils.
Auf rechtliche Bedenken stößt dem Bundesgerichtshof zum einen die den Angeklagten im Rahmen der Strafbemessung für die Tat zum Nachteil der Geschädigten belastende Wertung, auf „beide“ Geschädigte S. eingewirkt zu haben. Denn für die zum Nachteil der Mutter begangene Tat hat das Landgericht eine gesonderte Strafe verhängt, und den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Geschädigte S. gerade wegen der Einwirkung auf ihre Mutter (psychische) Folgen erlitten hat, die straferschwerend berücksichtigt werden könnten.
Zum anderen hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG mit Rechtskraft der Verurteilung seine Rechte als Beamter, insbesondere seinen Anspruch auf Altersgeld gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Gewährung eines Altersgeldes des Landes Mecklenburg-Vorpommern, und damit möglicherweise auch seine wirtschaftliche Basis verliert. Dies hätte der Erörterung bedurft, weil bei der Strafzumessung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafe für das künftige Leben des Angeklagten zu erwarten sind, wozu als bestimmender Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) namentlich gesetzlich angeordnete Folgen des Beamtenrechts zählen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 14. Dezember 2017 – 3 StR 544/17; vom 2. Februar 2022 – 5 StR 348/21 jeweils mwN).
Demgegenüber hat das Landgericht nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) verstoßen, indem es strafschärfend berücksichtigt hat, dass die Geschädigte S „durch die erlittenen Brandverletzungen ihr Leben lang gezeichnet“ sein und „ein große(s) Narbenbild“ zurückbehalten wird. Diese Erwägungen, die das Ausmaß der Verletzungen und die Schwere der Tatfolgen betreffen, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Keine Aufhebung des Urteils
Die aufgezeigten Mängel gefährden den Bestand des Strafausspruchs nicht, weil die verhängten Strafen und die Gesamtstrafe entsprechend den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Art der Tatausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, angemessen sind.
Auf Deutsch: Die Strafe passt aber trotzdem. Deswegen muss das Urteil nicht aufgehoben und die Sache verhandelt werden.
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