Die fristlose Kündigung eines Berliner Rabbiners durch die Jüdische Gemeinde wegen sexueller Belästigung wurde vom Arbeitsgericht Berlin bestätigt. Das Vertrauen in seine seelsorgerische Stellung habe er nachhaltig missbraucht (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 27. März 2025, Aktenzeichen 58 Ca 6242/23 und 58 Ca 13379/23)
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Kavaliersdelikt – auch nicht unter dem Deckmantel spiritueller Rituale. Das Arbeitsgericht Berlin hat entschieden, dass ein Rabbiner fristlos gekündigt werden durfte, weil er das Vertrauen eines weiblichen Gemeindemitglieds in seiner religiösen Funktion missbrauchte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf Machtmissbrauch im religiösen Kontext.
Sachverhalt
Der gekündigte Rabbiner stand seit 2001 im Dienst der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Nachdem sich ein weibliches Gemeindemitglied über sexuelle Übergriffe während eines seelsorgerischen Treffens beschwert hatte, kündigte die Gemeinde das Arbeitsverhältnis am 1. Juni 2023 fristlos. Der Rabbiner bestritt die Vorwürfe und behauptete, etwaige sexuelle Kontakte seien einvernehmlich erfolgt.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Berlin sah es nach Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Rabbiner die Zeugin sexuell belästigte. In einer sogenannten „heiltherapeutischen Sitzung“ habe er vorgegeben, sie durch ein religiöses Ritual reinigen zu wollen. Dabei habe er ohne ihr Einverständnis einen Zungenkuss herbeigeführt, bei dem sie seine Erregung spürte. Dies stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertige.
Die Widerklage des Rabbiners auf Zahlung wurde hingegen abgewiesen. Gegen das Urteil können beide Parteien Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.
Meinung und Schluss
Wer spirituelle Autorität mit sexuellen Übergriffen verwechselt, hat in einer religiösen Gemeinschaft nichts zu suchen – egal ob im Talar oder mit Tora. Das Gericht hat hier klar gemacht: Auch Geistliche sind nicht über dem Gesetz. Besonders perfide: Die Tat wurde unter dem Vorwand einer „Reinigung“ begangen. Ein Fall, der zeigt, dass Machtmissbrauch nicht nur in Kirchenstrukturen ein Thema ist.