Corona Impfung

BGH: Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen auch nach altem Recht strafbar

Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine Privilegierung des § 277 StGB a.F. entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine “Sperrwirkung” gegenüber der Urkundenfälschung § 267 StGB, wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen nicht (vollständig) erfüllt ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2022 – 5 StR 283/22).

Damit könnte der Tatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB auch nach altem Recht erfüllt sein, wenn ein falscher Impfpass ausgestellt oder genutzt worden ist. § 277 StGB a.F. entfaltet keine Sperrwirkung.

Sachverhalt

Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte insgesamt 19 unrichtige Impfbescheinigungen aus. Gegen ein Entgelt trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte oder bereits ausgestellte Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder frei erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes. Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der CoViD-19-Pandemie war dem Angeklagten bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten, etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen ihrer Person, vorlegen würden.

Entscheidung des Landgerichts Hamburg

Das Landgericht Hamburg hatte den Angeklagten im März 2022 wegen anderer Vorwürfe verurteilt, ihn vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung indes freigesprochen. Die Kammer hatte sich aus Rechtsgründen an einer Verurteilung des Angeklagten gehindert gesehen und ihn daher freigesprochen. Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung (a. F.) sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe. Das war auch ständige Rechtsprechung der oberen Gerichte.

Entscheidung BGH

Der Bundesgerichtshof hat einen Freispruch des Landgerichts Hamburg im Zusammenhang mit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Urteil vom 10.11.2022 – 5 StR 283/22).

Der 5. Senat hat zwar hinsichtlich des Freispruchs wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB keinen Rechtsfehler festgestellt. Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das Landgericht Hamburg nämlich gefolgt ist, handelt es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine “Sperrwirkung” gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier – nicht (vollständig) erfüllt ist.

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