wann verjährt eine straftat

Ehemalige KZ-Sekretärin angeklagt

Eine ehemalige Sekretärin des deutschen Konzentrationslager Stutthof bei Danzig wurde angeklagt und muss sich vor Gericht verantworten. Das Landgericht Itzehoe hat die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der Jugendkammer eröffnet. Der nun 96jährigen Angeklagten wird Beihilfe zu mehr als 11.000 Fällen des Mordes vorgeworfen. Der Prozess soll am 30. September beginnen.

Warum Jugendkammer?

Das Verfahren wird vor der Jugendkammer stattfinden, weil die Beschuldigte nämlich zur Tatzeit mit 18 oder 19 Jahren noch eine Heranwachsende im Sinne des Jugendstrafgewesen war. Dabei ist es egal, ob die Angeklagte zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens 40, 96 oder 134 Jahre alt ist. Es zählt das Alte zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat(en).

Was ist der Vorwurf?

Der Angeklagten wird durch die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, dass sie den jeweiligen damals Verantwortlichen bei der systematischen Tötung von Inhaftierten des Konzentrationslagers Hilfe geleistet habe. Sie soll als Stenotypistin und Schreibkraft in der Lagerkommandantur gearbeitet haben. Der Tatzeitraum umfasst den Juni 1943 bis zum April 1945. In diesem Zeitraum sind 11.380 Menschen getötet worden und sieben haben einen Tötungsversuch überlebt. Zu all diesen Fällen soll die Angeklagten Beihilfe geleistet haben. 

Macht sie Angaben?

Die Angeklagte wurde mehrfach als Zeugin in der Vergangenheit vernommen. 

1954 habe sie ausgesagt, dass der gesamte Schriftverkehr mit dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt über „ihren Schreibtisch gelaufen“ sei. Der damalige Kommandant Paul Werner Hoppe habe ihr täglich Schreiben diktiert und Funksprüche verfügt. Von der Tötungsmaschinerie habe sie nichts gewusst.

Rechtsprechung des BGH zur Beihilfe in diesen Fällen

Allerdings hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 20. Februar 1969 (2 StR 280/67; abgedruckt bei Rüter/de Mildt, Justiz und NS-Verbrechen, Nr. 595b, Bd. XXI, S. 838 ff.; teilweise auch in NJW 1969, 2056) in anderem rechtlichen Zusammenhang (konkurrenzrechtliche Beurteilung von massenhaften Tötungen in durch große Zeiträume getrennten, we- sentlich voneinander unterschiedenen und auf unterschiedlichsten Beweggrün- den beruhenden Tatkomplexen) ausgeführt, dass sich nicht “jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers Auschwitz eingegliedert” gewesen und dort “irgendwie anlässlich dieses Programms tätig” geworden sei, “objektiv an den Morden beteiligt” habe “und für alles Geschehene verantwortlich” sei. Denn dann wäre auch der Arzt, der zur Betreuung der Wachmannschaft bestellt war und sich streng auf diese Aufgabe beschränkt hat, der Beihilfe zum Mord schuldig. Das gälte sogar für den Arzt, der im Lager Häftlingskranke behandelt und sie gerettet hat. Nicht einmal wer an seiner Stelle dem Mordprogramm kleinere Hindernisse, wenn auch in untergeordneter Weise und ohne Erfolg, bereitet hätte, wäre straffrei (Rüter/de Mildt aaO, S. 882; NJW 1969, 2056 f.).

Im Fall Gröning (2016) und Demjaniuk (2009) wurden konkrete Beihilfehandlungen festgestellt. Die zuständige Jugendkammer wird konkrete Feststellungen treffen und sich seine Überzeugung bilden müssen.

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