Der BGH hebt das Strafmaß eines Kokain-Kuriers auf, da der belastete Staatsanwalt im Prozess selbst die Anklage führte und moniert dabei die fehlende Berücksichtigung seiner Aufklärungsbemühungen gegen einen mittlerweile inhaftierten Staatsanwalt (BGH, Urteil vom 16.12.2024 – 6 StR 335/23).
Sachverhalt
Ein Unternehmer aus dem Harz, der als Spediteur für eine Kokain-Bande agierte, wurde 2023 vom LG Hannover wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu 12,5 Jahren Haft verurteilt. Während des Verfahrens belastete er einen Staatsanwalt mit Angaben zu Schmiergeldern und bandeninternen Absprachen. Trotz dieser Verdächtigungen leitete der beschuldigte Staatsanwalt die Verhandlung, hielt das Plädoyer und blieb bis Oktober 2024 auf freiem Fuß. Neue Ermittlungen und entschlüsselte Chats führten schließlich zu seiner Verhaftung.
Der BGH bestätigte den Schuldspruch, hob jedoch das Strafmaß auf, da das LG Hannover die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten unzureichend gewürdigt hatte. Eine andere Strafkammer des LG Hannover muss nun die Strafe neu festsetzen. Die Mindeststrafe für bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln beträgt fünf Jahre.
Entscheidung
Der BGH entschied, dass das Strafmaß neu verhandelt werden muss, da das LG Hannover die Bemühungen des Angeklagten, zur Aufklärung des Justizskandals beizutragen, nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Der Vorsitzende Richter Burkhard Feilcke betonte, dass die Strafkammer eine mildere Strafe hätte verhängen können, wenn sie die Aussagen des Angeklagten über den korrupten Staatsanwalt angemessen gewürdigt hätte.
Das Gericht stellte jedoch klar, dass das Recht auf ein faires Verfahren nicht verletzt sei. Zum Zeitpunkt der Verhandlung gegen den Spediteur lagen gegen den Staatsanwalt nur vage Verdachtsmomente vor. Dennoch dürfen die Richter im neuen Prozess kein höheres Strafmaß verhängen.
Meinung und Schluss
Ein Staatsanwalt, der selbst unter Korruptionsverdacht steht, führt das Plädoyer gegen einen Drogenkurier? Das klingt wie das Drehbuch für einen schlechten Krimi, doch es ist bittere Realität. zwar war das Verfahren zwischenzeitlich gegen den Staatsanwalt eingestellt worden, aber ein Unding bleibt es. Auch, dass sein Dienstvorgesetzter an dem Prozess mitteingenommen hat, macht die Sache nicht besser. Zeigt es doch, dass dem Staatsanwalt auch nicht so recht getraut wurde.
Dass der BGH hier einschreitet, ist mehr als überfällig. Ein kleiner Trost: Der Spediteur könnte eine mildere Strafe erhalten – immerhin hat er bei der Enthüllung des Justizskandals mitgewirkt. Bleibt zu hoffen, dass in der neuen Verhandlung nicht der Hausmeister der JVA den Vorsitz übernimmt.
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