BGH: Beweiswürdigung fehlerhaft (Bunte Blüte)

Mit den Einlassungen der Angeklagten muss sich das Gericht in den Urteilsgründen auseinandersetzen. Eine bloße Wiedergabe derer genügt nicht.

Auch bei einem Freispruch müssen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten getroffen werden, um den Vorsatz im Hinblick auf das vorgeworfenen Geschehen auszuschließen.

Bundesgerichtshof Urteil vom 16. Januar 2023 – 5 StR 269/22

Sachverhalt

Bei den Angeklagten um den Geschäftsführer und Vertriebsleiter, zwei Mitarbeiter und zwei nicht mit dem operativen Geschäft befasste Teilhaber der Unternehmergesellschaft (UG) “Bunte Blüte”. Dieses Unternehmen vertrieb Bestandteile von Cannabispflanzen mit einem geringen Gehalt von rauscherzeugendem THC und einem hohen Gehalt des nicht berauschenden Wirkstoffs CBD (sogenannte CBD-Produkte) in Portionen zu 2 und 5 Gramm über Spätverkaufsstellen und im Online-Handel.

Im Januar 2019 brachte einer der Angeklagten gut 3 Kilogramm Blütenstände von Cannabispflanzen mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 5 Gramm THC aus der Schweiz nach Deutschland. Am darauffolgenden Tag wurden im Geschäftssitz des Unternehmens ungefähr 2,4 Kilogramm Blütenstände von Cannabispflanzen und etwa 1 Kilogramm einer cannabishaltigen Zubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt rund 5,5 Gramm THC zum gewinnbringenden Verkauf verwahrt. Ferner bestellte einer der Angeklagten knapp 7,5 Kilogramm Blütenstände von Cannabispflanzen, die einen Gehalt von gut 9 Gramm THC aufwiesen, in Luxemburg. Das Paket wurde jedoch am 19. Februar 2019 in Berlin vom Zoll entdeckt und beschlagnahmt, sodass es die “Bunte Blüte” UG nicht erreichte.

Entscheidung des Landgerichts Berlin

Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden. Zwar habe es sich bei den CBD-Produkten objektiv um Betäubungsmittel gehandelt. Den Angeklagten sei aber in subjektiver Hinsicht kein strafrechtliches Fehlverhalten nachzuweisen gewesen. Sie hätten weder erkannt noch fahrlässig verkannt, dass die gehandelten CBD-Produkte zu Rauschzwecken missbraucht werden könnten und daher dem Betäubungsmittelgesetz unterfielen.

Freisprüche aufgehoben

Bundesgerichtshof hebt Freisprüche in Sachen “Bunte Blüte” (Vertrieb CBD-Produkte) aufSo hat die Strafkammer sich schon nicht mit der Glaubhaftigkeit der Einlassungen der Angeklagten auseinandergesetzt, sondern sie lediglich wörtlich wiedergegeben und ohne nähere Prüfung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Das Landgericht hat auch keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und etwaigen Vorstrafen der Angeklagten getroffen, obwohl sich aus ihnen möglicherweise Anhaltspunkte dafür hätten ergeben können, dass die Angeklagten die Betäubungsmitteleigenschaft der gehandelten CBD-Produkte erkannten oder hätten erkennen können. Zudem hat es sich nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, dass die Angeklagten damit warben, die verkauften CBD-Produkte hätten entgegen der “Behauptung einiger selbst ernannter Experten, Polizisten und Richter” keine Rauschwirkung..

Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft das freisprechende Urteil aufgehoben.

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