BGH: Ohne Besitzwillen kein Besitz

Wer selbst kei­nen Wil­len hat, Dro­gen zu be­sit­zen, macht sich selbst dann nicht des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln strafbar, wenn die Be­täu­bungs­mit­tel in der ei­ge­nen Woh­nung la­gern. Auch eine Beihilfe kann ausgeschlossen werden.

BGH Urteil vom 8. Dezember 2022 – 5 StR 351/22

Die zweite Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die ich präsentiere, betrifft auch wieder das Betäubungsmittelrecht. Hierbei gab der Bundesgerichtshof einem freisprechenden Urteil recht. Der Wille zum Besitz entscheidet über die Strafbarkeit.

Sachverhalt

Ein Mann hatte in sei­ner Woh­nung Dro­gen ge­fun­den, die sein Bru­der un­be­merkt ver­steckt hatte. Ob­wohl der Woh­nungs­mie­ter bis zur an­der­wei­ti­gen Un­ter­brin­gung die Dro­gen dul­de­te, könne ihm kein Be­sitz­wil­len un­ter­stellt wer­den.

Ein Mann wohn­te in einer ehe­ma­li­gen Woh­nung sei­nes Bru­ders. Eines Tages stell­te er fest, dass in sei­nem Gäs­te­zim­mer sie­ben ver­schlos­se­ne Be­hält­nis­se la­ger­ten, die nach Ma­ri­hua­na ro­chen. Er sprach sei­nen Bru­der an, weil die­ser noch über einen Schlüs­sel zur Woh­nung ver­füg­te, und ver­lang­te deren so­for­ti­ge Ent­fer­nung. Sein Bru­der ver­sprach, sich nach einer an­der­wei­ti­gen La­ger­mög­lich­keit um­zu­schau­en und bat um Ge­duld. Bis es aber so­weit war, wurde die Woh­nung durch­sucht und die Dro­gen wur­den ge­fun­den.

Entscheidung des Landgerichts Hamburg

Das Land­ge­richt Ham­burg sprach den Mann von den Vor­wür­fen der Bei­hil­fe zum Be­täu­bungs­mit­tel­han­del und des Dro­gen­be­sit­zes frei. Der strafbare Besitz wurde verneint. Der Angeklagte habe zwar ausdrücklich hingenommen, aber ein Besitzwille wurde nicht angenommen.

BGH: Ohne Be­sitz­wil­len kein Be­sitz

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch blieb ohne Erfolg. Die Dro­gen seien ohne Wis­sen und Wil­len in seine Woh­nung ge­langt, sein Bru­der habe mit einem Schlüs­sel un­ge­hin­dert ein- und aus­ge­hen kön­nen und nach Be­lie­ben auf seine Be­täu­bungs­mit­tel zu­ge­grif­fen. Der Woh­nungs­in­ha­ber hin­ge­gen habe die Dro­gen nicht an­ge­tas­tet und auch aus­drück­lich er­klärt, dass er sie nicht haben wolle. Ein Be­sitz­wil­le sei daher zu Recht verneint worden. 

BGH: auch keine Beihilfe

Der Mann hat sich nach An­sicht des 5. Straf­se­nats auch nicht der Bei­hil­fe zum Be­täu­bungs­mit­tel­han­del sei­nes Bru­ders straf­bar ge­macht, indem er die La­ge­rung des Stof­fes ge­dul­det hatte. Darin liege keine ob­jek­tiv för­dern­de Un­ter­stüt­zungs­hand­lung. Auch eine psy­chi­sche För­de­rung ver­moch­te der BGH darin nicht er­bli­cken, da sich die Bil­li­gung aus­drück­lich nur auf die La­ge­rung, nicht aber auf den Ab­satz der Dro­gen er­streck­te. Au­ßer­dem dürfe kein Wer­tungs­wi­der­spruch zwi­schen der straf­frei­en still­schwei­gen­den Hin­nah­me der La­ge­rung und der For­de­rung nach der zü­gi­gen Ent­fer­nung der Dro­gen ent­ste­hen.

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