Eine Schöffin, die während der Beweisaufnahme private Notizen verfasst, kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Das LG Dortmund entschied, dass ihr Verhalten Zweifel an der unparteiischen Verhandlungsführung begründet (LG Dortmund, Beschluss vom 08.11.2024 – 45 Ns 131/22 250 Js 847/19).
Schöffen sollen im Gerichtssaal über Recht und Gerechtigkeit wachen – nicht über ihre Einkaufsliste. Eine Dortmunder Schöffin kritzelte während der Beweisaufnahme private Notizen in ihr Notizbuch. Das LG Dortmund entschied: So geht’s nicht!
Sachverhalt:
Während eines Strafverfahrens vor der 45. kleinen Strafkammer beobachteten der Angeklagte und sein Verteidiger, wie eine Schöffin ein schwarzes DIN-A5-Notizbuch zückte, als der Vorsitzende einen Ermittlungsbericht verlas. Statt prozessrelevante Notizen anzufertigen, schrieb sie jedoch private Dinge auf – wie sich später herausstellte, eine Einkaufsliste.
Die Verteidigung stellte daraufhin einen Befangenheitsantrag. Die Schöffin gab unumwunden zu, private Notizen gemacht zu haben. Das Schreiben helfe ihr, konzentriert zu bleiben. Doch das Gericht bewertete das anders: Ihre Entpflichtung war die Folge.
Entscheidung:
Das LG Dortmund entschied, dass der Antrag begründet ist. Auch wenn die Schöffin beteuerte, der Beweisaufnahme aufmerksam gefolgt zu sein, begründete ihr Verhalten objektiv die Besorgnis der Befangenheit nach § 24 Abs. 2 StPO.
Das Gericht argumentierte, dass es für verständige Betrachter den Eindruck erwecken könne, dass die Schöffin nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit bei der Sache war. Da sie sich über „einen nicht nur kurzen Zeitraum“ mit verfahrensfremden Dingen beschäftigte, sei ihr Verhalten nicht mit den Anforderungen an eine unparteiische Schöffentätigkeit vereinbar. Die Hauptverhandlung musste mit neuer Besetzung von vorne beginnen.
Meinung und Schluss:
Wer während der Verhandlung mehr an Milch und Brot als an Paragrafen denkt, sollte sich über die Konsequenzen nicht wundern. Natürlich: Schöffen sind keine Berufsrichter. Aber wenn selbst der Angeklagte aufmerksamer bei der Sache ist als das Gericht, läuft irgendwas schief.
Ob die neue Besetzung dann bessere Urteile fällt? Nun, solange sie ihre Einkaufszettel zu Hause lassen, sind sie auf einem guten Weg. Vielleicht sollte das Justizministerium vorsorglich Schöffenschulungen anbieten: „Kaffee trinken, zuhören, nicht abschweifen – eine Einführung für Laienschöffen“.