Polizeidienst trotz Vorerkrankung? Schlaganfall-Risiko kein Ausschlusskriterium

Ein Bewerber für den Polizeidienst kann nicht allein wegen einer vergangenen, derzeit nicht akuten Vorerkrankung abgelehnt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit für eine Dienstunfähigkeit unter 50 % liegt. Bewerber dürfen nicht aufgrund von bloßen Wahrscheinlichkeitsannahmen benachteiligt werden (BVerwG Urteil vom 13.02.2025 (2 C 4.24)).

Sachverhalt

Ein Mann hatte sich erfolgreich für den Polizeidienst beworben und sein Studium an der Polizeihochschule trotz eines erlittenen Schlaganfalls vollständig absolviert. Alle geforderten Leistungen, auch die sportlichen, erbrachte er ohne Einschränkungen. Dennoch verweigerte das Land seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe mit der Begründung, es bestehe ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Schlaganfall und damit eine frühzeitige Dienstunfähigkeit.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) wurde ein medizinisches Gutachten eingeholt, das das Risiko eines erneuten Schlaganfalls bis zur Altersgrenze auf 35 % schätzte. Das VG entschied zugunsten des Bewerbers und verpflichtete das Land, ihn in den Polizeidienst zu übernehmen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) sah dies anders und hob das Urteil auf – mit der Argumentation, dass bereits eine 35%ige Wahrscheinlichkeit für eine Dienstunfähigkeit ein zu großes Risiko darstelle.

Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht stellte nun in letzter Instanz klar, dass die gesundheitliche Prognose für Polizeibewerber demselben Maßstab folgen müsse wie für Bewerber des allgemeinen Verwaltungsdienstes. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Dienstunfähigkeit über 50 % liegen muss, um eine Ablehnung zu rechtfertigen. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben war, durfte der Bewerber nicht wegen des Schlaganfalls von der Einstellung ausgeschlossen werden.

Auch die Annahme, dass eine potenzielle spätere Dienstunfähigkeit durch einen erneuten Schlaganfall während eines Einsatzes für den Polizeidienst höhere Anforderungen an die gesundheitliche Eignung stelle, wurde vom BVerwG verworfen. Ohne eine gesetzliche Grundlage könne kein strengerer Maßstab für Polizeibewerber angelegt werden.

Meinung und Schluss 

Da sage noch einer, der Rechtsstaat sei nicht für Überraschungen gut! Hier hat das Bundesverwaltungsgericht ein wichtiges Signal gesetzt: Eine bloße Risikoabschätzung darf nicht dazu führen, dass Bewerber im öffentlichen Dienst ungerechtfertigt ausgeschlossen werden. Schließlich könnte man mit derselben Logik fast jede Bewerbung ablehnen – sei es wegen genetischer Veranlagungen, früherer Verletzungen oder eines ungesunden Lebensstils.

Klar ist aber auch: Die Polizei muss verlässlich einsatzfähig sein. Trotzdem darf die Verwaltung keine gläsernen Bewerber schaffen, die mit einem ärztlichen Wahrscheinlichkeitsorakel von ihrer Karriere ausgeschlossen werden. Sonst müsste man konsequenterweise gleich eine Wahrsagerin zur Bewerberprüfung bestellen! Ein realitätsnaher Blick auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit bleibt der einzig sinnvolle Weg.

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