Hochriskantes Fahrverhalten begründet Tötungsvorsatz

Ein hochriskantes Fahrverhalten im Straßenverkehr unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des durch den unbändigen Fluchtwillen geprägten und in seiner Gefährlichkeit nicht mehr zu übertreffenden Verhaltens des Täters, begründet einen bedingten Tötungsvorsatz. Eine Flucht stellt dabei auch ein “Alleinrennen” dar (Bundesgerichtshof – Beschluss vom 24.03.2021 – 4 StR 142/20).

Sachverhalt

Der Angeklagte, der mit seinem Fahrzeug von mehreren Polizeifahrzeugen eingekesselt war und sich seiner Festnahme wegen einer vorangegangenen Straftat entziehen wollte, rammte sich zunächst unter erheblicher Gefährdung von Polizeibeamten einen Fluchtweg frei. Seine Flucht setzte er teilweise unter Nutzung der Gegenfahrbahn und mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit fort. Als er unter voller Beschleunigung seines Fahrzeugs trotz für seine Fahrtrichtung seit mehreren Sekunden bestehenden Rotlichts in eine für ihn nicht einsehbare Kreuzung mit einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße einfuhr, kam es zu einer Kollision mit zwei von rechts und links die Kreuzung bei Grünlicht querenden Fahrzeugen. Sein Fahrzeug wurde wiederum auf eine die Fahrbahn ebenfalls bei Grünlicht kreuzende Fußgängerin und schließlich auf ein parkendes Fahrzeug geschleudert. Die Fußgängerin sowie sein an der vorangegangenen Tat beteiligter Beifahrer kamen ums Leben. Der Angeklagte flüchtete trotz eigener Verletzungen zu Fuß weiter.  

Entscheidung des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin hat den zur Tatzeit 27-jährigen Angeklagten unter anderem wegen zweifachen Mordes in Tateinheit mit dreifachem versuchten Mord und mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer nahm einen bedingten Tötungsvorsatz aufgrund der Umstände des Einzelfalls an (Landgericht Berlin – Urteil vom 27. Juni 2019 – (540 Ks) 235 Js 2605/18 (7/18).  

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Insbesondere vermochte der Senat einen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler in der vom Angeklagten angegriffenen Beweiswürdigung, mit der das Landgericht einen bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten angenommen hatte, nicht zu erkennen. Auch die durch den Senat ebenfalls zu überprüfende Verurteilung des Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB sei nicht zu beanstanden gewesen. Der Senat habe anhand dieses Falles Gelegenheit gehabt, die Anwendbarkeit der Strafvorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB in sogenannten Polizeifluchtfällen zu überprüfen und die von ihm entwickelten Kriterien und Leitlinien zur Auslegung dieser Vorschrift weiter zu konkretisieren. Hieran gemessen sei die Verurteilung des Angeklagten wegen der Durchführung eines verbotenen “Alleinrennens” rechtsfehlerfrei.

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