NSU-Prozess

NSU-Prozess: 1 Monat vs. “fast 2 Jahre”

Fünf Berufsrichter haben fast zwei Jahre lang an dem Urteil des NSU-Prozess geschrieben. Nun, herausgekommen ist eine Begründung mit mehr als 3.000 Seiten. Die Verteidiger haben dennoch nur einen Monat ab Zustellung des Urteils Zeit, dieses zu prüfen und ihre Revisionen zu begründen, wobei diese Frist nicht verlängert werden kann.

Gut, der versierte und kundige Revisionsrechtler weiß um die Möglichkeiten im Rahmen der Sachrügen.

Vielleicht erkennt man jetzt als Laie (bei Politikern habe ich schon aufgegeben), dass diese Fristenunterschiede (so will ich sie mal nennen) rechtsstaatlich äußerst problematisch sind. Zum Einen wird die Frist der Urteilsabsetzung nach den Verhandlungstagen bemessen. Dies ergibt sich aus dem Gesetz gemäß § 275 Abs. 1 StPO.

Ist das Urteil mit den Gründen nicht bereits vollständig in das Protokoll aufgenommen worden, so ist es unverzüglich zu den Akten zu bringen. 

Dies muß spätestens fünf Wochen nach der Verkündung geschehen; diese Frist verlängert sich, wenn die Hauptverhandlung länger als drei Tage gedauert hat, um zwei Wochen, und wenn die Hauptverhandlung länger als zehn Tage gedauert hat, für jeden begonnenen Abschnitt von zehn Hauptverhandlungstagen um weitere zwei Wochen.

Nach Ablauf der Frist dürfen die Urteilsgründe nicht mehr geändert werden. 

Die Frist darf nur überschritten werden, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert worden ist. 

Der Zeitpunkt, zu dem das Urteil zu den Akten gebracht ist, und der Zeitpunkt einer Änderung der Gründe müssen aktenkundig sein.

Während das Gericht nun eine Frist von fast zwei Jahren aufgrund der Verhandlungstage Zeit hatte, das Urteil abzusetzen, wird es dem Verurteilten zum Anderen überhaupt nicht so leicht gemacht. Er hat die starre Frist des Monats, die nicht verlängert werden kann (AUCH NICHT AUF ANTRAG). Wie oben erwähnt, gibt es hier und da (noch) den einen oder anderen Kniff, doch das bringt dem Revisionsführer nicht die Zeit, um besonnen und vollständig und richtig eine Begründung zu liefern. Auch der Anwalt, der die Schrift abfassen und unterschreiben muss, wird nicht alle anderen Akten beiseite schieben, um diese Revision zu bearbeiten.

Der Revisionsrechtler geht zielstrebig da ran. Doch wie erwähnt, es muss die Revisionsbegründung innerhalb eines Monates vorliegen. Warum ist das so? Das kann man nur damit begründen, dass man hier eine Verschleppung im Revisionsverfahren vermeiden will. Doch ist das noch fair? Die Kollegen im NSU – Prozess waren allesamt als Pflichtverteidiger beigeordnet. Sie werden billig vom Staat für ihre Dienste “belohnt” (hierzu in einem anderen Beitrag).

Doch, dass kann nicht die rechtsstaatliche Justiz ehrlich meinen, wenn sie sich da hinstellt und sagt, der Angeklagte habe einen fairen Prozess gehabt, wenn er für die Nachprüfung der Entscheidung und der Gründe der Fehler so wenig Zeit erhält, während der Richter “sich mal richtig Zeit nehmen konnte”.

Hier sollte die Strafprozessordnung flexibler gestaltet werden. Gerade auch im Umgang mit (potentiellen) Straftätern muss der Staat ein faires Verfahren garantieren.

Ich stehe für Ihre Revision bereit.

Thomas Penneke

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Strafrecht

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