Vorsicht in der Wortwahl in politischen Leserbriefen

leserbriefeIch rate zur Vorsicht in der Wortwahl in politischen Leserbriefen. Im vorliegenden Fall ging es nicht um einen Leserbrief gegenüber eine allgemeinen Zeitung, die jedermann kaufen kann. Hier ging es um einen Leserbrief zu einer Diskussionsdebatte innerhalb eines Vereines mit einer begrenzten Mitglieder- und somit Leseranzahl. Es ging um eine Burschenschaft.

Zum Sachverhalt: Im April 2011 hatte W. in einem Leserbrief seiner vereinsinternen Zeitung den Dietrich Bonhoeffer einen “Landesverräter” genannt, wobei er hierzu auch Ausführungen macht, wie er hierzu kommt und dass der Widerstand gegen das NS-Regime lobenswert gewesen ist. Gegen ihn wurde ein Strafbefehl erlassen. In einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bonn zu einer geringeren Strafe verurteilt.  Das Landgericht verwarf seine Berufung gegen dieses Urteil. Er begehrte einen Freispruch. Nun ist auch die Revision vor dem Oberlandesgericht gescheitert (OLG Köln 1 RVs272/13). Die Verurteilung ist damit rechtskräftig. Doch das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen zu sein. Herr W. kündigt die Verfassungsbeschwerde an.

Damit könnte er Erfolg haben. Zur Begründung führte nämlich das Landgericht aus, “die Äußerungen des Angeklagten seien vom Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde nicht schrankenlos gewährt und finde gerade im Recht der persönlichen Ehre eine Beschränkung. Zudem verfolge das Grundgesetz den Ansatz “Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit”. Der Angeklagte könne sich für seine rechtsradikalen Äußerungen nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, weil er damit nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. […] Der Angeklagte Norbert W. habe mit seinen Äußerungen nicht nur einen Sachbeitrag zu einer Debatte leisten, sondern Bonhoeffer als Person herabwürdigen wollen, indem er sein Handeln als unmoralisch bewertet habe. […] (siehe auch http://www.olg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/004_zt_letzte-pm_archiv_zwangs/001_letzte_pressemitteilung/index.php)

Das Oberlandesgericht Köln beschied mit dem lapidaren bekannten Satz, dass “die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben“ habe. Naja, ob die Richter sich an der “Drecksack”-Theorie (hierzu später mehr) orientiert oder wirklich das Urteil überprüft haben?

Es bleibt spannend, obwohl der Fall meines Erachtens für die Öffentlichkeit nicht das gewichtige Interesse hat, wie es die Presse und auch die übereifrige Staatsanwaltschaft uns Glauben machen wollen.

Übrigens finde ich den vom Landgericht Köln benannten Ansatz des Grundgesetzes “Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit” sehr bedenklich. Ich kenne diesen “Ansatz” von Herrn Louis Antoine Léon Saint-Just, dem “Erzengel des Terrors” der französischen Revolution. Dieser meinte: „Die Grundlage der Republik ist die vollständige Vernichtung dessen, was gegen sie ist.“ Danach rollten Köpfe von Menschen und Napoleon über Europa….

Thomas Penneke (Rechtsanwalt / Strafverteidiger)

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