Ku’damm-Raser: War es Mord? BGH: einmal ja und einmal neu

2016 lieferten sich nach den Feststellungen zweier Hauptverhandlungen des Landgerichts Berlin zwei Männer in Hauptstadt auf dem Ku´damm ein Autorennen. Hierbei stirbt ein Unbeteiligter an einer Ampelkreuzung, denn einer der Teilnehmer stieß mit dem Unbeteiligten unter Missachtung der Lichtzeichenanlage, die auf Rot gestanden haben soll, zusammen. War das nun Mord? Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Landgerichts Berlin gegen den unfallverursachenden Angeklagten. Gegen den anderen hob es das Urteil des Landgerichts Berlin auf und verwies zur Neuentscheidung an eine andere Strafkammer.

Nocheinmal der Sachverhalt (wie ihn das Landgericht festgestellt hat): Es ist der 1. Februar 2016, als sich in Berlin ein Autorennen mitten in der Innenstadt abspielt – mit verhängnisvollem Ausgang. Zwei damals 24 und 26 Jahre alte Männer begegnen sich in ihren getunten Autos an einer Ampel. Ein kurzer Blickkontakt, zustimmende Gesten und es ist klar, hier soll gezeigt werden, wer der Schnellere von Beiden ist. Dabei fahren sie mit Geschwindigkeiten mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde vom Adenauerplatz durch die Stadt, überqueren elf Kreuzungen mit mehreren roten Ampeln. An der Kreuzung Tauentzienstraße wird ein Pkw, der bei Grün losgefahren ist, vom Auto des einen erfasst. Der Fahrer des unbeteiligten Kfz stirbt. Die beiden Fahrer der anderen Wagen überleben.

Die Staatsanwaltschaft klagte die beiden Fahrer wegen Mordes an. Das Landgericht Berlin verurteilte die beiden auch, so wie es die Verfolgungsbehörde beantragt hatte.  

Erste Revision erfolgreich

Die Verteidiger legen gegen das Urteil des Landgerichts Berlin Revision ein. 2018 hebt der Bundesgerichtshof (BGH) beide Mordurteile auf – wegen gravierender Rechtsfehler.

Die zweite Runde des Prozesses vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts Berlin 2019 ergibt aber wieder einen Schuldspruch für beide wegen Mordes. Hierbei führte der damalige Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung aus, dass die beiden Angeklagten mit dem Leben anderer Menschen gespielt hätten.

Vorsatz oder Fahrlässigkeit?

Die Rechtslage ist aber nicht so einfach. Die tatsächlichen Fakten (zu hohe Geschwindigkeit, Kollision, Tod, etc.) stehen fest. Doch für die Beurteilung, ob hierbei auch der Tod eines anderen Menschen in Kauf genommen und sich damit mindestens billigend abgefunden wurde oder ob man darauf vertraute, dass es schon gut gehen würde, man mit einem Unfall gar nicht rechnete, kann man nicht so einfach beantworten. Man kann nicht immer in die Köpfe der Angeklagten als Richter sehen. Ob hier auch ein Mordmerkmal erfüllt ist, ist noch ein weiterer wichtiger Knackpunkt.

Insbesondere ist hier die Eigengefährdung gegen die Annahme von Tötungsvorsatz zu setzen. Hier stünde vielleicht entgegen, dass die Fahrer “sich in ihren tonnenschweren, stark beschleunigenden und mit umfassender Sicherheitstechnik ausgestatteten Autos geschützt” gefühlt haben und so jegliches Risiko ausblendeten, so das Landgericht seinerzeit. Das kritisierte der Bundesgerichtshof (4 StR 311/17; 4 StR 399/17) und stellte klar, dass hierzu doch keinen sicheren Erfahrungssatz geben, dass man jegliches Risiko für die eigene Unversehrtheit ausblende.

Nun soll der Bundesgerichtshof entscheiden. In einer anderen Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof eine Verurteilung wegen Mordes durch das Landgericht Hamburg bestätigt.

Die Entscheidung!

Der Senat hat sich fast zwei Monate Zeit für sein mit Spannung erwartetes Urteil gelassen – um 10 Uhr wurde es verkündet:

Gegen den unfallverursachenden Angeklagten ist das Urteil rechtskräftig. Gegen den zweiten Angeklagten muss nun ein drittes Mal prozessiert werden. Das Berliner Landgericht hatte den zum Unfallzeitpunkt 24-Jährigen zweimal als Mittäter verurteilt. Neben dem Verteidiger beantragte auch die Bundesanwaltschaft, das Mord-Urteil aufzuheben. Dass beide Männer sich ein illegales Rennen geliefert hatten, reiche für eine Verurteilung wegen Mordes nicht aus. Außerdem sei ungeklärt, ob der Unfall zu vermeiden gewesen wäre, wenn er das Rennen auf den letzten Metern abgebrochen hätte.

Thomas Penneke

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Strafrecht

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