Beratungshilfe gibt es nicht, wenn andere Möglichkeit besteht

 

BeratungshilfeGemäß § 1 Abs. 1 BerHG ist Beratungshilfe dann zu gewähren, wenn dem Rechtsuchenden keine „andere Möglichkeit der Hilfe“ zur Verfügung steht, sein Recht zu suchen, als die Inanspruchnahme der Beratung und Hilfe eines Rechtsanwalts. Zu dieser „anderen Möglichkeit der Hilfe“ zählt auch der Versuch, zunächst einmal selbst tätig zu werden. Rechtsausführungen müssen im Schriftsatz des Rechtsanwalts vorgenommen werden. Die Vertretung ist nicht erforderlich, wenn der Rechtssuchende die nötige Tätigkeit selbst ausüben kann (AG Rostock 47 IIB 174/13)

 

Sachverhalt: Die Ratsuchende beantragte eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II bzgl. eines beabsichtigten Umzuges, den sie vornehmen wollte, damit sie einem Stalker entgeht. Des Weiteren beantragte sie ein Darlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II. Letzteres hängt unmittelbar von der Zusicherung ab. Die erhobenen und mit einer Begründung versehenden Widersprüche wurden zurückgewiesen. Der beauftragte Rechtsanwalt beantragte nun im Rahmen der Beratungshilfe (Schein wurde vorher erteilt) die Kosten für das Widerspruchsverfahren bzgl. der verwehrten Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II festzusetzen. Das Amtsgericht Rostock (47 IIB 174/13) lehnte eine Festsetzung über die Beratungsgebühr hinaus ab.

 

 

Die Vertretungsgebühr Nr. 2503 VV RVG entstünde grundsätzlich erst dann, wenn der Rechtsanwalt in Kontakt mit der Gegenpartei tritt und nicht bereits mit der Entgegennahme der Information (Gerold/Schmidt RVG Rn. 33 zu Nr. 2500 – 2508 VV RVG), dies wird durch die Beratungsgebühr Nr. 2501 VV RVG abgedeckt. Des Weiteren entstünde die Geschäftsgebühr auch dann nicht, wenn der Rechtsanwalt zwar Kontakt mit der Gegenseite aufgenommen hat, dieses jedoch nicht notwendig war.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 BerHG besteht die Beratungshilfe in Beratung und – soweit erforderlich – in Vertretung. Es muss sich bei der Vertretung des Rechtssuchenden um eine Tätigkeit handeln, die einer Anwaltstätigkeit entspricht und die nicht auch von dem Rechtssuchenden ausgeübt werden kann.

 

Erforderlich sei hiernach, so das Amtsgericht Rostock, die Vertretung erst dann, wenn in dem Schreiben Rechtsausführungen zu machen wären und gemacht worden sind. Bei Ausführungen, die der Rechtssuchende auch selbst machen könne (Ausführungen nur zum Sachverhalt, Ratenzahlungsangebote), sei eine Vertretung nicht erforderlich. Die Erforderlichkeit einer Vertretung wird nämlich nicht dadurch begründet, dass ein anwaltlicher Schriftsatz beim Gegner größeren Eindruck mache als ein selbstgefertiges Schreiben.

 

Sie wird aber auch nicht begründet, dass der Antragsteller Probleme habe, die sich nicht aus dem Mangel an Rechtskenntnissen ergeben, etwa wenn er nicht oder nur schlecht deutsch spricht, Schwierigkeiten mit dem Verfassen von Schriftstücken hat oder körperbehindert ist.

 

Beratungshilfe gewährt dem Unbemittelten eine rechtliche Beratung, nicht eine allgemeine Schreib- oder Lebenshilfe.

 

Es ist nicht Aufgabe der Beratungshilfe, die Nachteile auszugleichen, die sich aus der sozialen, persönlichen oder gesundheitlichen Lage des Antragstellers ergeben. Vielmehr soll die Beratungshilfe nur die Nachteile ausgleichen, die sich daraus ergeben, dass sich der Antragsteller wegen Mittellosigkeit keine anwaltliche Beratung leisten kann (Beschl. AG Halle 4.1.11 AZ 103 4688/10).

 

Es ist hier nur zu empfehlen, dass an irgendeiner Stelle in dem Schriftsatz mit Paragraphen oder rechtlichen Ausführungen zu arbeiten ist. Im vorliegenden Fall meine die Behörde nämlich zu der Mandantin, dass sie doch noch da wohnen bleiben und das Verfahren gegen den Stalker abwarten können.

 

Was für ein Käse!

 

Genau das teilte ich der Behörde mit. Dank der Mandantin war der Antrag auf Zusicherung überholt, da sie schon selbstständig umzog. Sie konnte einfach nicht warten. Das war nachvollziehbar, brachte aber in der Sache den gewünschten Erfolg nicht mehr. Nun „verdiene“ ich für diese Nummer der Behörde „nur“ die Beratungsgebühr.

 

Ich werde dies für die nächsten Fälle bedenken.

 

Thomas Penneke

Strafverteidiger Rostock