Die Auslieferung eines deutschen Staatsbürgers muss intensiv geprüft werden. Die unzureichende Berücksichtigung der Haftbedingungen und eine vorschnelle Überstellung können einen Grundrechtsverstoß darstellen. (BVerfG, Beschluss vom 24.01.2025 – 2 BvR 1103/24)
Sachverhalt
Maja, eine Person aus der linksextremen Szene, wurde im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert. Die Auslieferung erfolgte, obwohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dies in einem Eilbeschluss vorläufig untersagt hatte. Das Kammergericht (KG) Berlin genehmigte die Auslieferung dennoch und setzte sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion um. Die einstweilige Anordnung aus Karlsruhe, die die Überstellung unterband, traf erst eine Stunde nach der vollzogenen Übergabe ein.
Maja wird vorgeworfen, in Budapest an Angriffen auf Rechtsradikale teilgenommen zu haben. Seither befindet sie sich in ungarischer Untersuchungshaft, nach Angaben ihres Anwalts in Isolationshaft.
Entscheidung
Das BVerfG entschied, dass das KG seine Pflicht verletzt habe, insbesondere die Haftbedingungen in Ungarn konkret zu prüfen. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 4 der EU-Grundrechtecharta dar, der Folter und unmenschliche Behandlung verbietet. Das Gericht hätte umfassend ermitteln müssen, ob die Haftbedingungen mit deutschen Rechtsstaatsprinzipien vereinbar sind.
Das KG berief sich lediglich auf allgemeine Zusicherungen der ungarischen Behörden, wonach keine Gewalt oder Diskriminierung gegen nicht-binäre Gefangene bekannt sei. Diese Zusicherung war laut BVerfG jedoch zu allgemein gehalten und nicht einzelfallbezogen.
Die Karlsruher Richter kritisierten, dass keine Prüfung der konkreten Haftanstalt erfolgte und sich das KG auf veraltete Entscheidungen anderer Gerichte stützte, statt aktuelle Berichte über ungarische Haftbedingungen heranzuziehen.
Meinung und Schluss
Das Urteil des BVerfG zeigt, dass die Justiz bei der Auslieferung deutscher Staatsbürger nicht vorschnell handeln darf. Eine sorgfältige Prüfung der Haftbedingungen sollte eine Selbstverständlichkeit sein, doch hier musste erst das Verfassungsgericht eingreifen.
Die Verspätung um eine Stunde machte Maja nun auch noch zur Märtyrerin für die linksextreme Szene. Doch jenseits dieser Symbolik bleibt die zentrale Frage, die mich aufregt:
Warum wurde eine so gravierende Entscheidung ohne ausreichende Prüfung getroffen?
Das zeigt erneut, dass der Gesetzgeber bei solchen Verfahren gründlicher arbeiten muss. Die nachfolgenden Gerichte müssen am Ende lückenhafte Vorgaben ausbügeln, was stets einen schalen Beigeschmack hinterlässt. Der Staat hat eine Pflicht zur umfassenden Rechtsprüfung, selbst wenn die Betroffenen seine Legitimität ablehnen.
Der Rechtsstaat muss erhalten bleiben!
Mimimi, wer zur Begehung von Straftaten in ein anderes Land reist unterliegt dem dortigen Recht ferti.
Das ist aber nicht die Botschaft. Es geht darum, dass ein deutscher Staatsbürger an einen anderen Staat ausgeliefert wurde. Das BVerfG sagte nein und kurz bevor der Beschluss bekannt wurde, wird die Person abgeschoben. Jetzt hat das Gericht endgültig festgestellt, dass das nicht rechtmäßig gewesen ist. Ungarn gibt die Person nicht mehr heraus. Sie wird dort verurteilt. Die anderen werden (auch in Abwesenheit) auch verurteilt zumindest erhalten sie einen Prozess. Das KG hat einfach schlampig gearbeitet. Es hätte eine Überprüfung der Haftumstände vornehmen müssen, was nicht so schwer gewesen wäre. Auch die Begründung hätten Sie umfangreicher machen müssen. Das ist nicht gut für den Rechtsstaat. Apropos: Die anderen können alle noch an Ungarn ausgeliefert werden. Das deutsche Gericht muss nur die Auslieferung ordentlich begründen!