Ein Beweisantrag des Verteidigers darf nicht ohne Weiteres als Einlassung des Angeklagten gewertet werden (OLG Hamm, Beschluss vom 26.08.2025 – 3 ORs 29/25).
Ein Richter auf der Anklagebank, 15 Fälle mutmaßlicher Urkundenfälschung – und ein heikler Verfahrensfehler. Das LG Bielefeld hatte einen Beweisantrag als Einlassung des Angeklagten gewertet. Der 3. Strafsenat kassierte die Verurteilung – und schickte die Sache zurück.
Sachverhalt
Ein nordrhein-westfälischer Richter stand Anfang 2021 wegen Urkundenfälschung in 15 Fällen vor Gericht. Er soll im Namen eines bekannten Rechtsanwalts Schriftstücke verfasst haben, darunter auch Forderungen zu Anwaltsgebühren. Dabei habe er den Briefkopf des Anwalts genutzt, aber Kontakt- und Kontodaten durch seine eigenen ersetzt.
Vor dem LG Bielefeld ging es insbesondere um die Frage, ob die Sekretärin des Anwalts die Schriftstücke mit Billigung des Anwalts versandt habe. Der Angeklagte behauptete, von einer „Generalvollmacht“ ausgegangen zu sein. Der Anwalt bestritt dies.
Das LG stützte seine Verurteilung auf zwei angebliche Einlassungen des Richters: eine vom Verteidiger verlesene Erklärung sowie einen von beiden unterzeichneten Beweisantrag. Er erhielt ein Jahr und fünf Monate auf Bewährung.
Entscheidung / Auswirkungen
Das OLG Hamm hob das Urteil auf (Beschluss vom 26.08.2025 – 3 ORs 29/25):
- Grundsatz: Verteidiger geben Prozesserklärungen aus eigenem Recht ab – sie gelten nicht automatisch als Worte des Angeklagten.
- Abgrenzung: Nur wenn der Angeklagte ausdrücklich erklärt, sich eine Verteidigererklärung zu eigen zu machen, kann sie als Einlassung gewertet werden.
- Besonderheit bei Beweisanträgen: Auch ein unterzeichneter Beweisantrag darf nicht ohne Weiteres als Einlassung verstanden werden. Angeklagte haben ein Recht auf Beweisanträge, ohne dass diese ihnen als eigene Angaben zugerechnet werden.
Das OLG sah im konkreten Fall die Einordnung des Beweisantrags als Einlassung als rechtsfehlerhaft an und verwies die Sache an eine andere kleine Strafkammer des LG Bielefeld zurück.
Meinung und Schluss
Ein Richter als Angeklagter – das sorgt schon für Schlagzeilen genug. Dass ausgerechnet bei der Frage, was als Einlassung zählt, geschludert wurde, ist fast ironisch. Das OLG Hamm stellt klar: Ein Verteidiger ist Beistand, nicht Bauchredner. Wer einen Beweisantrag stellt, liefert damit keine unfreiwillige Selbstbezichtigung. Eigentlich ein “alter Hut”.
Sauber trennen – sonst kippt das Urteil.