Ein potenzieller Vater kann sich nicht gegen eine Gesamt-Genom-Sequenzierung wehren, wenn ein herkömmlicher DNA-Test keine Klarheit bringt. Das Interesse des Kindes an der Klärung seiner Abstammung überwiegt (OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.01.2025 – 13 WF 93/24).
Wenn (zwei) eineiige Zwillinge mit derselben Frau schlafen, wird die Vaterschaftsfrage knifflig. Ein herkömmlicher DNA-Test hilft da nicht weiter – doch das OLG Oldenburg sagt: Dann muss eben modernste Genom-Analyse ran. Dass die potenziellen Väter keine Lust auf „Gen-Forschung am eigenen Körper“ haben, spielt keine Rolle.
Sachverhalt
Ein Kind wollte wissen, wer sein leiblicher Vater ist. Die Mutter, eine Escort-Dame, hatte Sex mit eineiigen Zwillingen – und die konnten es untereinander auch nicht mehr klären. Ein gewöhnlicher DNA-Test zeigte nur, dass einer von beiden der Vater sein musste, aber nicht welcher.
Das AG ordnete daraufhin eine Gesamt-Genom-Sequenzierung an, eine aufwendige Methode, die selbst minimalste Mutationen sichtbar macht und so eine Unterscheidung zwischen eineiigen Zwillingen ermöglichen kann. Kostenpunkt: Rund 60.000 Euro.
Doch einer der Zwillinge, der sich als Vater nicht sicher war, verweigerte die Untersuchung. Er wollte nicht Versuchskaninchen für eine neue Testmethode spielen. Doch das AG ließ das nicht gelten – und auch das OLG Oldenburg sah keinen Grund, ihn zu schonen.
Entscheidung
Das OLG Oldenburg entschied, dass sowohl er als auch sein Bruder die Untersuchung dulden müssen. Die Methode sei inzwischen in mehreren Verfahren erfolgreich angewendet worden und daher zumutbar.
Das Gericht räumte ein, dass eine Genom-Analyse stark in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreift. Doch das Interesse des Kindes an der Klärung seiner Abstammung wiege schwerer. Die Kenntnis der eigenen Herkunft sei für die persönliche Entwicklung von enormer Bedeutung.
Auch wenn die Sequenzierung keine absolute Garantie auf ein Ergebnis bietet, hält das OLG den Versuch für verhältnismäßig. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.
Meinung und Schluss
Vaterschaftstest auf höchstem technischen Niveau – willkommen in der Zukunft! Früher reichte ein Wattestäbchen, heute muss ein Supercomputer ran. Aber was will man machen? Wer sich mit seinem Zwilling ein Bett teilt, muss sich nicht wundern, wenn später hochauflösende Genanalysen nötig sind.
Natürlich ist das ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Aber was wäre die Alternative? Ein Münzwurf? Eine familiäre Einigung nach dem Motto „Wer mehr Alimente zahlen kann, ist der Vater“? Das Kind hat ein Recht auf Klarheit – auch wenn es dafür teurer wird als ein Neuwagen.