Gurtloser Schock: Haftung für Verletzungen anderer Insassen!

Wer im Auto ohne Gurt fährt, kann bei einem Unfall für die Verletzungen anderer Insassen haftbar gemacht werden. Die Gurtpflicht dient nicht nur zum eigenen Schutz, sondern auch dem Schutz von Mitfahrern. Unter Umständen kann diese Mitschuld zurücktreten (OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 – 3 U 81/23).

Sachverhalt

Im September 2018 fuhr der Versicherungsnehmer der Klägerin in Sankt Augustin-Buisdorf mit stark überhöhter Geschwindigkeit und unter erheblichem Alkoholeinfluss. Er geriet mit seinem Audi A5 in den Gegenverkehr und kollidierte mit einem Skoda Citigo, der drei Insassinnen an Bord hatte. Auf dem Beifahrersitz des Skoda saß eine 36-jährige Frau, hinter ihr auf der Rückbank eine nicht angeschnallte 38-Jährige. Der Unfall forderte schwere Verletzungen bei den Insassinnen des Skoda, während der Unfallverursacher selbst verstarb. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verlangte von der nicht angeschnallten Mitfahrerin eine Teilerstattung der bereits erbrachten Leistungen, da sie durch ihren Gurtverstoß die Verletzungen der Beifahrerin verschuldet habe.

Entscheidung

Das OLG Köln wies die Klage der Versicherung ab. Zwar sah es die Gurtpflicht gemäß § 21a Abs. 1 StVO als eine drittschützende Norm an, die auch zum Schutz anderer Fahrzeuginsassen dient. Dennoch überwog in diesem Fall das Verschulden des Unfallverursachers. Er hatte stark alkoholisiert mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Ein mögliches Mitverschulden der nicht angeschnallten Mitfahrerin tritt bei einem solch rücksichtslosen Verhalten zurück. Selbst wenn die nicht angeschnallte Mitfahrerin die Verletzungen der Beifahrerin mitverursacht haben sollte, wie von der Versicherung behauptet, wäre ihr Beitrag zum Unfallgeschehen im Vergleich zum groben Fehlverhalten des Unfallverursachers gering. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision wurde nicht zugelassen.

Meinung und Schluss

Die Auffassung des OLG Köln stellt grundsätzlich klar, dass die Gurtpflicht nicht nur zum Selbstschutz, sondern auch zum Schutz anderer Mitfahrer dient. Im vorliegenden Fall zeigt diese aber auch auf, dass die Schwere des Verschuldens des Unfallverursachers bei der Bewertung des Mitverschuldens anderer Beteiligter eine entscheidende Rolle spielt. Die Versicherung wollte die nicht angeschnallte Mitfahrerin für die Verletzungen der Beifahrerin haftbar machen, doch ihr Verstoß gegen die Gurtpflicht wurde als weniger relevant eingestuft.

Die Entscheidung ist nicht nur nachvollziehbar. Sie ist in meinen Augen auch richtig. Dies ist nämlich ein klarer Hinweis darauf, dass das Recht die Gesamtumstände eines Unfalls und das Verhalten aller Beteiligten sorgfältig abwägt.

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