Ghostwriter für Doktorarbeit verklagt

LG Lüneburg, Verhandlung vom Oktober 2025 (Urteil ausstehend – Info Landeszeitung): Studentin klagt gegen ihren Ghostwriter, weil die 130-seitige Doktorarbeit „nicht gut genug“ war. Streitwert: 16.900 €.

Die Klägerin wollte den Doktor-Titel, aber ohne die lästige Arbeit – also schrieb ein anderer. Doch das Ergebnis gefiel ihr nicht. Jetzt verlangt die „Doktorandin“ ihr Geld zurück. Vor dem Landgericht Lüneburg prallen Eitelkeit, Täuschung und akademische Doppelmoral aufeinander.

Sachverhalt

Hatice A., Soziologie-Dozentin und laut LinkedIn „Doktorandin“, ließ sich eine 130-seitige Dissertation von einem Ghostwriter anfertigen. Preis: 16.900 € plus Anwaltskosten.
Das Werk wurde im März 2023 fertig – aber die Auftraggeberin war unzufrieden: Der Stil gefiel ihr nicht, die Ergebnisse seien „einfach runtergerattert“ worden. Sie reichte Klage ein und forderte ihr Geld zurück.

Der Ghostwriter widersprach. Die Arbeit sei vereinbarungsgemäß erstellt worden. Die Richterin am Landgericht Lüneburg sieht das Grundproblem woanders: Wenn jemand seine Doktorarbeit schreiben lässt, könnte der gesamte Vertrag sittenwidrig sein (§ 138 BGB). Und das hat Folgen für beide Seiten.

Entscheidung / Auswirkungen

Noch gibt es kein Urteil – doch die Richterin ließ erkennen, wohin die Reise geht:

  • Eine Dissertation muss nach den Regeln der Universitäten eigenständig verfasst werden.
  • Wird sie von einem Dritten geschrieben, liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten vor.
  • Bei beidseitiger Kenntnis der Unrechtmäßigkeit bleibt es beim „Status quo“: Geld futsch, Arbeit futsch.

Oder in der Sprache des Gerichts: „Wenn beide Seiten sich des Sittenverstoßes bewusst sind, bleiben die Leistungen, wo sie angekommen sind.“

Für die Klägerin bedeutet das wohl: 16.900 € weg – und der Doktortitel gleich mit.

Meinung und Schluss

Man möchte fast kurz Mitleid haben – aber nur ganz kurz.

Denn: Wer sich seine Dissertation schreiben lässt, sollte nicht über Stilfragen jammern, sondern über Charakterdefizite nachdenken.
Wer Ghostwriting bestellt, begeht nicht nur Täuschung, sondern zeigt vor allem, dass er den akademischen Sinn nie verstanden hat. Lernen? Zu anstrengend. Denken? Delegiert.

Die Frau wollte den Titel, nicht den Inhalt. Jetzt hat sie beides verloren – Geld und Glaubwürdigkeit. Vielleicht hätte sie die Zeit besser genutzt, um ihren erhofften Doktortitel selbst zu erarbeiten.

Oder wenigstens zu googeln, was „Sittenwidrigkeit“ bedeutet.

Aber eigentlich will man hier nur fragen, wie bescheuert man eigentlich sein kann.

Ihr Anwalt Thomas Penneke

8 Gedanken zu „Ghostwriter für Doktorarbeit verklagt“

  1. Die Frau verkennt offenbar völlig, dass sie mit ihrem Vorgehen ein schweres Unrecht begangen hat. Ein Doktortitel ist kein Schmuckstück, das man sich kaufen kann, sondern das Ergebnis jahrelanger wissenschaftlicher Arbeit. Wer ihn sich erkauft, begeht nichts anderes als eine Form der Urkundenfälschung. Das Schreibenlassen einer Dissertation unterscheidet sich im Kern kaum davon – es ist ein gekaufter Titel, lediglich mit größerem Aufwand, um den Betrug zu verschleiern.

  2. Das muß der Richter ja eben nicht bewerten, wenn er – wie ich auch – die Auffassung vertritt, daß der ganze Vertrag sittenwidrig und damit nichtig ist.
    Dann kommt es nicht darauf an, ob der gelieferte Text die vertraglich geschuldeten Eigenschaften aufwies.

  3. Ich bin Ghostwriter. Nicht für Akademiker, keine Angst. Viele Menschen brauchen Texte, welcher Art auch immer, könne sie aber nicht persönlich schreiben. Es fehlt an Ausdruck, Sprachgewandtheit, Muttersprachlichkeit, Zeit … was auch immer. Das ist völlig legitim, auch wenn man anschließend direkt oder indirekt damit Geld verdient. Das Fahrrad, mit dem ich ins Büro fahre, baue ich ja auch nicht selbst. Allerdings hat das Grenzen. Wo das Gesetz oder die Regeln – in diesem Fall aus gutem Grund – eigene Arbeit zwingend vorschreiben, wird die Nutzung fremder Arbeit halt sittenwidrig.

  4. Diese moralinsaure Überheblichkeit ist schwer erträglich und macht Sie blind für das eigentliche Problem. Nicht der schlechte Charakter, sondern die nach wie vor ungerechten Klassenverhältnisse sind das Übel. Die Frau musste, weil sie aus einfachen Verhältnissen stammt und Gastarbeiterkind ist, nebenbei in zwei Jobs arbeiten, weil die Uni sie zwar für das Forschungsprojekt ihrer früheren Professorin einspannen, aber nicht als Assistentin bezahlen wollte (nachlesbar im Tazartikel: https://taz.de/Ghostwriting-vor-Gericht/!6115310/ ). Wegen dieser herkunftsbedingten und im Prinzip ausbeuterischen Umstände sah sie sich außerstande, die selbst erbrachten Forschungsleistungen angemessen in die richtige Form zu bringen. Auch die Naivität, sich damit an eine Internetagentur zu wenden und das juristische Konzept der “Sittenwidrigkeit” nicht zu kennen, haben mehr mit Kultur- und Klassendispositionen als schlechtem Charakter zu tun. Den schlechten Charakter sollte man eher dem Anbieter bzw. Abzocker unterstellen, der ihre Situation eiskalt ausnutzt, um sich zu bereichern, aber ist ja Deutscher ohne “Migrationshintergrund” und wird deswegen nicht so beschimpft. Wenn das nicht charakteristisch ist …

    1. Die soziale Herkunft kann vieles erklären – aber sie ersetzt keine Rechtsgrundlagen. Wer eigenständig Forschungsleistungen erbringt, muss auch wissen, was mit ihnen geschieht. Und wer eine Internetagentur beauftragt, übernimmt Verantwortung für das eigene Handeln – ganz ohne Klassenkampf.
      Die eigentliche Blindheit entsteht dort, wo man jedes individuelle Fehlverhalten reflexartig zu einem Systemfehler umlackiert. Nicht jede Lebenssituation wird durch ‚Klassenverhältnisse‘ zum Freibrief. Und nicht jeder Anbieter wird automatisch zum Bösewicht, nur weil es ideologisch besser passt.

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