Rotationseuropäer mit Eigentums-zuordnungsschwäche

Die Facebook-Formulierung „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche“ über Sinti und Roma ist grob geschmacklos und diffamierend, erfüllt aber nicht den Tatbestand der Volksverhetzung (OLG Jena, Beschluss vom 27.10.2025 – 3 Ws 308/25).

Kein Hauptverfahren gegen den Vizepräsidenten des VG Gera. Was das Landgericht Gera abgelehnt hatte, hat das Oberlandesgericht nun bestätigt: Der Post ist gewiss diffamierend – aber strafbar als Volksverhetzung ist er nicht. Damit bleibt es bei Disziplinarfragen, nicht bei einer Strafkammer. 

Sachverhalt

Die Staatsanwaltschaft Gera hatte im April 2025 Anklage wegen Volksverhetzung erhoben. Dem Richter wurde vorgeworfen, 2019 in einer Facebook-Gruppe Sinti und Roma pauschal kriminalisiert und als „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche“ bezeichnet zu haben. Wegen der „besonderen Bedeutung“ erhob die StA die Anklage direkt beim LG Gera. Das LG lehnte am 17.07.2025 die Eröffnung ab. Gegen diese Entscheidung legte die StA sofortige Beschwerde ein.

Der 3. Strafsenat des OLG Jena verwarf am 27.10.2025 die Beschwerde: Kein hinreichender Tatverdacht für § 130 StGB (Volksverhetzung); der Post sei „grob geschmacklos“ und diffamierend, aber keine strafbare Hassbotschaft. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Entscheidung / Auswirkungen

  • Kein Aufstacheln zum Hass (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB): Der Post überschreitet nach Ansicht des OLG nicht die Schwelle zur feindseligen Hass-Anreizung. Pauschale. Kriminalitätszuschreibungen genügen dafür nicht ohne weiteres. 
  • Kein Angriff auf die Menschenwürde (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB): Bloße Beschimpfung/Beleidigung reicht nicht; erforderlich wäre eine „Entmenschlichung“ oder das Absprechen des Lebensrechts in der staatlichen Gemeinschaft. Diese Schwelle sei hier nicht erreicht. 

Meinung und Schluss

Ich halte nichts von Sprachpolizei. Witz, Ironie, auch Provokation – das darf eine offene Gesellschaft aushalten. Der Post in diesem Fall mag als geschmacklos gewertet werden. Strafbar als Volksverhetzung ist er nach den klaren Maßstäben und den Ausführungen des OLG aber nicht – das ist juristisch sauber und nachvollziehbar. Eine Beleidigung (§ 185 StGB) käme nur bei Strafantrag in Betracht. Dieser wurde nicht gestellt.

Andererseits: Richter unterliegen dem Mäßigungsgebot. Wer Recht spricht, muss sichtbar neutral auftreten – auch außerhalb der Verhandlung. Sonst steht die Unbefangenheit auf dem Spiel.

Ein Anwalt darf sich im Ton vergreifen (es bleibt dann eben zivil- oder disziplinarrechtlich), denn er ist nicht nur der Rechtsordnung, sondern vor allem seinem Mandanten verpflichtet. Ein Richter hat nicht den Bezug zu einem “Mandanten”. Sollte er jedenfalls nicht haben.

So bleibt die Linie klar: Strafrecht ist nicht die Keule für jede Entgleisung, aber Richterwürde ist mehr als ein Profil auf Facebook. 

Ihr Rechtsanwalt Thomas Penneke

4 Gedanken zu „Rotationseuropäer mit Eigentums-zuordnungsschwäche“

  1. Ich sehe hier auch keine Volksverhetzung. Die Bezeichnung mag geschmacklos sein, eventuell auch etwas provokant, mehr aber auch nicht.
    Trotzdem wäre es wegen des Mäßigungsgebots klüger gewesen von dem Richter, auf diesen Post zu verzichten. Man muss nicht alles sagen oder posten, was man denkt. 😉

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