BGH, Beschluss vom 07.10.2025 – 3 StR 534/24: Die Revision gegen den Freispruch wegen Beihilfe zum Mord und versuchten Mordes in 20 Fällen wurde verworfen; das OLG Koblenz hatte mangels Nachweise eines Gehilfenvorsatzes freigesprochen.
Im lange verfolgten Rechtsextremismus-Fall von Saarlouis bleibt die Frage der Beihilfe unbeantwortet – und der Angeklagte geht frei. Der Bundesgerichtshof sieht in der Beweiswürdigung des OLG keine Rechtsfehler. Doch für viele Überlebende und Angehörige bleibt der Freispruch ein bitteres Zeichen: Es reicht nicht, in der Kneipe einen Brand anzureden – die Tat muss bewiesen werden.
Sachverhalt
Im September 1991 entflammte ein Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis. Ein Treppenhaus wurde mit Benzin übergossen und entzündet, ein Bewohner starb infolge schwerer Verletzungen, andere flohen oder sprangen aus Fenstern. Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Haupttäter hatte in der Tatnacht das Feuer gelegt.
Dem hier Angeklagten warf die Generalbundesanwaltschaft vor, er habe in einer Kneipe geäußert, dass in Saarlouis „auch sowas passieren“ müsse, und dadurch seinen Freund zur Tat bestärkt oder psychisch unterstützt. Das OLG Koblenz kam zu dem Ergebnis, dass ein Gehilfenvorsatz nicht hinreichend belegt sei. Der Angeklagte habe nicht mit Sicherheit erkennen lassen, dass er dem Haupttäter helfen wollte – oder dessen Tat billigend in Kauf genommen habe. Daher sprach das OLG ihn frei (Urteil vom 09.07.2024).
Entscheidung / Auswirkungen
Der BGH ließ die Revision des Generalbundesanwalts abblitzen: Er sah keine Verletzungen des Rechts oder gravierende Beweiswürdigungsmängel. Die Prüfung ergab, dass das OLG seine Feststellungen nicht willkürlich getroffen habe und dass aus Sicht der Revisionsgründe keine rechtlich relevante Fehlerhaftigkeit vorliege. Der Freispruch ist somit rechtskräftig.
Das heißt konkret: Der Angeklagte trägt keine strafrechtliche Verantwortung für Beihilfe zum Mord oder versuchten Mord in diesem Fall. Für das deutsche Strafrecht ist damit der Schuldgrund – der Gehilfenvorsatz – nicht erfüllt.
Meinung und Schluss
Das Urteil ist nachvollziehbar. Der Bundesgerichtshof überprüft keine moralischen Bewertungen, sondern allein, ob das Tatgericht rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der BGH sah hier weder eine fehlerhafte Beweiswürdigung noch eine falsche Anwendung des materiellen Rechts. Auch wenn der Ausgang des Verfahrens angesichts der historischen Dimension schwer wirkt, bleibt juristisch klar: Ohne nachweisbaren Gehilfenvorsatz – also ohne feststellbaren Willen, die Tat eines anderen zu fördern – darf es keine Verurteilung geben. Damit zeigt die Entscheidung eines deutlich: Strafrecht dient nicht der politischen Aufarbeitung, sondern der rechtsstaatlichen Kontrolle von Schuld und Beweis.